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fungiert ein Objekt als Kunstwerk« (Jäger 2004a: 69)? Analog hierzu schlägt Jäger
vor, danach zu fragen, wann etwas als Medium fungiert. Diese Fragestellung
richtet sich auf die operative Logik von Medien, als deren elementare Verfahren
er das Transkribieren, das Adressieren und das Lokalisieren betrachtet (vgl. Jäger
2004a: 70f.). An die Stelle der Beschreibung von Mediendingen rückt Jäger die
Thematisierung der Operationsweisen von Medien, was es seines Erachtens er-
möglicht anzugeben, wann Dinge als Medium fungieren (vgl. Jäger 2004a: 70f.). In
dieser Hinsicht unterscheidet sich das hier vorgeschlagene Verständnis der Frage
Wann sind Medien? von der Frageperspektive Goodmans und Jägers. Das Ziel ist
es nicht, medienspezifische Operationsweisen freizulegen. Im Zentrum der Frage
steht vielmehr das Problem zu entscheiden, wann man es mit Medien zu tun hat.
Diese, wenn man so will, weitere Abschwächung der Frage nach dem Medienbegriff
leistet essentialistischen Medienbegriffen nur mittelbar Vorschub. Sie reagiert
in erster Linie auf das Phänomen der operativen Unsichtbarkeit von Medien.
Bleiben Medien in ihrem Gebrauch unsichtbar, können diese nicht mehr positiv
als so und so bestimmte Entitäten beschrieben werden, sondern nur anhand dessen
identifiziert werden, was sie hervorbringen, d.h. an ihren Produkten. Medien er-
scheinen hierbei als das Andere im Kommunikationsprozess und dieses Andere zu
denken und zu untersuchen, ist Aufgabe der Medienforschung. Infolgedessen hat es
die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Medien nicht mit einem homogenen
Untersuchungsgegenstand zu tun, der im Sinne der aristotelischen Begriffstheorie
durch Angabe des genus proximum und der differentia spezifica definiert werden
könnte.25
Durch die Beantwortung der Frage Wann sind Medien? soll angegeben werden
können, unter welchen Bedingungen berechtigterweise davon auszugehen ist, dass
man es mit Medien zu tun hat. Hierdurch wird der Forderung Rechnung getragen,
dass der Bereich des Medialen von dem des Außermedialen unterschieden werden
muss. Im gleichen Zug wird darauf verzichtet, auf Grundlage einer solchen
Mediendefinition einzelne Medien bündig voneinander unterscheiden zu können.
Die als Problem identifizierte Binnendifferenzierung von Medien ist, wie in einem
zweiten Schritt zu zeigen sein wird, nicht notwendig. Denn mit der Reformulierung
der Frage nach dem Medienbegriff geht zwangsläufig ein Perspektivwechsel auf
Medien einher: Gegenstand der Medienforschung sind streng genommen nicht ein-
zelne Medien, sondern mediale Konfigurationen, die daraufhin untersucht werden
müssen, welche Möglichkeitsräume sie eröffnen und wie diese Möglichkeiten in
medialen Praxen als mediale Konstellationen aktualisiert werden. Bevor dieser
25 | Aristoteles charakterisiert die Definition in der Topik als »eine Rede, die das
Wesen anzeigt« (Aristoteles 1992: I, 5, 101b), wobei eine Definition seines Er-
achtens »aus Gattung und Differenz« (Aristoteles 1992: I, 8, 103b) besteht. Die
Gattung (genus proximum) bezeichnet den Oberbegriff des zu definierenden Begriffs,
wohingegen durch die Differenz die spezifischen Merkmale des zu Definierenden
angegeben werden.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242