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einer befriedigenden Definition von Medien gelangen. Indem die Vertreter dieses
Ansatzes gänzlich von dem Aspekt der Bedeutung absehen, wird die Unterscheidung
zwischen dem Bereich des Medialen und des Außermedialen fragwürdig.
Zu Beginn des Unterkapitels »Wann sind Medien?« (S. 33f.) wurde die An-
nahme formuliert, dass es in der aktuellen Debatte um den Medienbegriff sinn-
voll wäre, die Frage Was ist ein Medium? durch die Frage Wann sind Medien?
zu ersetzen. An dieser Stelle wird deutlich, worin der Vorteil des Wechsels der
Frageperspektive besteht. Medien können, wie die Auseinandersetzung mit dem
Phänomen ihrer operativen Unsichtbarkeit gezeigt hat, nicht losgelöst von dem
gedacht werden, was sie hervorbringen bzw. an dessen Vermittlung sie beteiligt
sind. Sind Medien das Andere des Kommunikationsprozesses, dann kann das
Nachdenken über diese nicht aus der Struktur Inhalt/Medien herausgelöst werden.
Infolgedessen sind Medienkonzepte, wie Michael Giesecke dargelegt hat, abgeleitete
Größen (vgl. Giesecke 2007: 217). Dieser Tatsache tragen die Begriffsvorschläge von
Wiesing und Vogel Rechnung, insoweit sie Medien anhand der Charakteristika des
medial Vermittelten bestimmen. Hierbei handelt es um indirekte Bestimmungen
von Medien, welche zu kritisieren sind, wenn ausgehend hiervon definiert werden
soll, was Medien wesensmäßig sind.64 Die Frage Wann sind Medien? ist weniger an-
spruchsvoll und voraussetzungsreich. Durch die Beantwortung dieser Frage soll
nicht geklärt werden, was genau als Medium angesprochen werden kann, sondern
wann es sinnvoll ist, von Medien zu sprechen, d.h. wann man es mit Medialität zu
tun hat. Die These Wiesings, dass Medienprodukte Geltung besitzen, und die Be-
obachtung Vogels, dass in Bezug auf Medien stets semantische Begriffe wie Sinn,
Gehalt und Bedeutung gebraucht werden, beantworten die Frage, wann Medien
sind. Eine solche Bestimmung des Gegenstandsbereichs des Medialen hält den
Begriff in einer gewissen Latenz. Diese Latenz ist Medien jedoch eigentümlich, wie
am Phänomen ihrer operativen Unsichtbarkeit gezeigt wurde.
64 | Auch wenn Wiesing in aller Deutlichkeit herausstellt, dass Medien nur an-
hand der phänomenologischen Eigenschaften ihrer Produkte erkannt werden
können, suggeriert er, Medien direkt als Werkzeuge zur Trennung von Genesis
und Geltung definieren zu können. Infolgedessen müsste er beantworten, anhand
welcher Kriterien einzelne Medien zu unterscheiden sind und welche Medien es
seines Erachtens gibt. Diese Frage diskutiert Wiesing jedoch nicht explizit. An-
hand der Beschreibung von Medienprodukten wäre jedoch zu vermuten, dass sein
Medienbegriff die gleichen Medien umfasst, die Vogel als Medien erster Ordnung
bezeichnet, d.h. Sprache, Bilder, Tanz, Musik, etc. Wiesings Thematisierung von
Übertragungsmedien und Speichermedien scheint dies jedoch zu unterlaufen (vgl.
Wiesing 2005b: 158f.). Hierdurch entsteht in dem Begriffsvorschlag Wiesings
eine gewisse Unschärfe bezüglich der Frage, welche Dinge genau als Medien an-
gesprochen werden können. Dies ist jedoch nur problematisch, wenn man an der
Frage Was sind Medien? festhält.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242