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Konstellationen bedingen. Das Ziel der Auseinandersetzung mit medialen Kon-
figurationen ist die Beschreibung des Möglichkeitsraums, den diese aufspannen.
Hierbei geht es nicht nur darum zu beobachten, was gesagt werden kann bzw.
welche Unterscheidungen getroffen werden können, sondern auch, wie mediale
Konstellationen hervorgebracht werden, wie sie distribuiert werden und wie an
verschiedenen Orten und Zeiten an diese angeschlossen werden kann. Kurzum: Es
stellt sich die Frage, wie sich mediale Konfigurationen in unsere kommunikative
Welt einschreiben und wie sich diese auf verschiedenen Ebenen verändert.
Die Sinndimension, welche als das entscheidende Kriterium identifiziert wurde,
anhand dessen der Bereich des Medialen von dem des AuĂźermedialen unterschieden
werden kann, erscheint hierbei als ein – wenn auch herausragender – Aspekt unter
anderen. Die Betrachtung medialer Konfigurationen widersteht der Gefahr, die
Frage nach Medialität auf die transzendentalen Bedingungen der Möglichkeit von
Kommunikation engzufĂĽhren, ohne zugleich einem undifferenzierten Wildwuchs
von Medien anheimzufallen. Sie ermöglicht es, sich bis zu einem gewissen Grad von
den mannigfaltigen Bedeutungen zu entfernen, welche in medialen Konstellationen
verkörpert werden, um verschiedene Faktoren freizulegen, die im Prozess der Ver-
mittlung das Vermittelte bedingen. Zu fragen ist hierbei auch, wie Geltung, ver-
standen als artifizielle Selbigkeit, auf unterschiedlichen Ebenen hervorgebracht res-
pektive stabilisiert wird. Eine Anschlussmöglichkeit bietet unter anderem Michel
Foucaults Wissensarchäologie, in der die Artikulation sprachlichen Sinns von
der Ă„uĂźerung von Aussagen unterschieden wird.83 Selbigkeit ist nicht nur auf der
Ebene des Sinns möglich, sondern auch auf der Ebene von Aussagen, deren Identität
Foucault in Hinsicht auf die Wiederholbarkeit von Aussagen diskutiert. Sein
Interesse gilt der »Regelung wiederholbarer Materialität« (Foucault 1981: 149), wobei
wiederum infrage steht, wie die Identität von Aussagen jenseits aller Unterschiede,
die beispielsweise zwischen unterschiedlichen Auflagen oder Ausgaben eines Buchs
bestehen, gewährleistet wird:
»[S]ie [die Unterschiede, M.B.] werden alle in dem allgemeinen – selbstverständlich
materiellen, aber gleichzeitig institutionellen und ökonomischen – Element des
›Buches‹ neutralisiert: ein Buch ist unabhängig von den verschiedenen dafür
benutzten Substanzen ein Platz exakter Ă„quivalenz fĂĽr die Aussagen und ist fĂĽr sie
eine Instanz der Wiederholung ohne Veränderung ihrer Identität.« (Foucault 1981:
149)
Gewährleistet wird die Äquivalenz oder Identität der Aussagen nicht durch die stoff-
liche oder physische Identität, sondern durch ein »komplexe[s] System von materi-
83 | Einen weiteren möglichen Anknüpfungspunkt stellt Bruno Latours Konzept der
immutable mobiles dar, welches (Wissenschafts-)Dinge bezeichnet, »die mobil, aber
auch unveränderlich, präsentierbar, lesbar und miteinander kombinierbar sind« (La-
tour 2006: 266).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242