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Computer 77
Medialität des Computers interessante Anknüpfungspunkte, und zwar nicht nur
für eine systemtheoretische Analyse des Computers, sondern auch für eine dem
systemtheoretischen Vokabular nicht streng verpflichtete medientheoretische Aus-
einandersetzung mit dem Computer im Allgemeinen und mit digitalen Daten-
banken im Besonderen.
Dass sich auf den knapp zehn Seiten, die Luhmann der systematischen Aus-
einandersetzung mit dem Computer widmet (vgl. Luhmann 1998: 302ff.), allenfalls
der Ansatz zu einer »rudimentären Theorie des Computers« (Bauer/Ernst 2010: 164)
findet, darf dabei nicht überraschen. Dennoch ist die von Luhmann vorgeschlagene
Perspektive auf den Computer medientheoretisch überaus anschlussfähig, da er eine
mediale Topologie des Computers entwickelt, die sich als zentral für die medien-
theoretische Reflexion digitaler Datenbanken erweisen wird. Jedoch kann dieser
Ansatz allenfalls zum Ausgangspunkt genommen werden, um hierauf aufbauend
eine »beobachtende Sprachfähigkeit« (Faßler 2002: 21) über Computer sowie über
Datenbanken zu entwickeln.
Skizze einer medialen Topologie des Computers
Die systematische Hinwendung Luhmanns zum Computer zielt darauf ab, ihn als
Medium zu beschreiben und darzulegen, was das Neue an diesem Medium ist.9
Hierbei sieht er sich mit zwei metatheoretischen Problemen konfrontiert. Einerseits
handelt es sich um die Frage, inwiefern eine solche Analyse des Computers mit der
soziologischen Maxime der Beschreibung gesellschaftlicher Tatsachen in Einklang
gebracht werden kann. Andererseits fragt er sich, von welchem Standpunkt der
Computer in den Blick zu nehmen ist.
Dem ersten Problem begegnet Luhmann mit einer Einschränkung des eigenen
Erklärungsanspruchs. Zwar ließen sich die Folgen der Computerisierung der
Gesellschaft noch nicht analysieren, dennoch sei es möglich, die neuen medialen
Strukturen zu beschreiben, die der Computer eröffnet: »Die Konsequenzen kann
man gegenwärtig noch nicht abschätzen, aber die Strukturen der Neuerungen
lassen sich beschreiben« (Luhmann 1998: 302). Legitimiert Luhmann hiermit seine
medientheoretische Auseinandersetzung mit dem Computer, präzisiert er in einem
zweiten Schritt jene Neuerungen. Dies weist in Richtung seiner zweiten meta-
theoretischen Frage nach der Perspektive, die auf den Computer einzunehmen ist.
pho rischen Vorprägung durch die Differenz zwischen Neuem (als etwas von einer
Ordnung/ einem Paradigma einholbarem) und Neuartigem (als etwas nicht mit einer
Ordnung/ einem Paradigma kompatiblem)« (Ernst 2008a: 179).
9 | Entsprechend der im Kapitel »Medium« eingeführten Terminologie sind Computer
nicht als Medien anzusprechen, sondern als Teil einer medialen Konfiguration zu
analysieren. Da es an dieser Stelle um die Rekonstruktion von Luhmanns Ausein-
ander setzung mit Computern geht, sei nur darauf hingewiesen, dass die Bezeich-
nung des Computers als Medium streng genommen problematisch ist.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242