Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Informatik
Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Seite - 81 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 81 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data

Bild der Seite - 81 -

Bild der Seite - 81 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data

Text der Seite - 81 -

Computer 81 fraglos verkürzte Charakterisierung von Kunst und Religion zutreffend ist. Ent- scheidend ist vielmehr, dass Luhmann beiden einen »Telos der Tiefenerkenntnis« (Rolf 2007: 460) zuschreibt, den der Computer tendenziell unterläuft.17 In der Tiefe digitaler Medientechnologien liegt keine wie auch immer geartete Wahrheit, sondern eine unsichtbare Maschine, die Signale gemäß der ihr gegebenen Befehle verarbeitet. Dabei folgt die Maschine einer eigenen Funktionslogik, die nicht an der Oberfläche des Bildschirms sichtbar wird. Die Nutzer bekommen allenfalls die Ergebnisse derjenigen Prozesse zu sehen, die sich unsichtbar im Computer vollzogen haben. Die Oberfläche ist demzufolge nicht Anzeichen, Symptom oder Vorbote einer verborgenen Wahrheit (Bedeutung, Weissagung etc.), sondern kon- stituiert eine eigenständige Ebene, auf der die Nutzer operieren und von der aus sie mit der unsichtbaren Maschine interagieren können. Obwohl Luhmanns Verständnis von Oberfläche und Tiefe, wie bereits erwähnt, an die Unterscheidung von Interface und Computertechnik (Hardware, Software, Algorithmus) anschließt, unterscheidet sich das von ihm vorgeschlagene Beob- achtungsschema in einem zentralen Punkt von der Art und Weise, wie Interfaces gemeinhin mit der Ebene des Technischen in Beziehung gesetzt werden. Hierauf hat Manfred Faßler – allerdings nicht explizit auf Luhmann rekurrierend – hingewiesen. Auf die Frage, ob die beiden Unterscheidungen miteinander deckungsgleich sind, findet er folgende ambivalente Antwort: »Ja und nein: JA, weil es auf der materialen Seite in der Tat nur unterscheidbare Schaltungsebenen sind, die als dasselbe Medium beobachtbar sind; NEIN, weil in den meisten Interaktivitäten nicht die Zeit ist und sein kann, zum Maschinencode zu- rückzudenken […]. NEIN aber auch, weil man nicht aus der Situation herauskommt, dass beides, Oberfläche und Tiefe, Konstruktionen sind, menschliche Macharten, die der Mustererkennung und der Modellbildung folgen.« (Faßler 2002: 13) Der Unterscheidung von Interface und Technik wohnt Faßler zufolge eine quasi- essentialistische Priorisierung des Technischen inne. Dem Interface wird im Ver- gleich zur technischen Apparatur nur ein sekundärer Status zugewiesen.18 Auf paradigmatische Weise kommt dies in der von Kittler vertretenen These zum Aus- die Deutung des Oberfläche/Tiefe-Verhältnisses, welches durch Kunst und Religion tradiert wurde, mit einbezieht, entwirft ein anderes Bild der Luhmannschen Theorie des Computers. 17 | In Die Kunst der Gesellschaft schreibt Luhmann in Bezug auf Ornamente: »Offenbar wurde in älteren Gesellschaften das Verhältnis von Oberfläche und Tiefe anders erfahren als heute. Man kann dies an den weit verbreiteten Techniken der Divination erkennen. Auch hier geht es um Zeichen an der sichtbaren Oberfläche, die aber Tiefe verraten« (Luhmann 1995: 349). 18 | Die hier kritisierte Tiefenorientierung ist vor allem in der Medienarchäologie verbreitet, deren Vertreter versuchen, in der operativen Verschaltung von Physik und
zurück zum  Buch Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data"
Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Titel
Digitale Datenbanken
Untertitel
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Autor
Marcus Burkhardt
Verlag
transcript Verlag
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
392
Kategorie
Informatik

Inhaltsverzeichnis

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Digitale Datenbanken