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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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Digitale Datenbanken82 druck, dass der an der Oberfläche von Computerinterfaces erscheinende Sinn das »Abfallprodukt strategischer Programme« (Kittler 1986: 8) ist und demzufolge als bloßes »Blendwerk« (Kittler 1986: 7) zu vernachlässigen sei.19 Hieraus resultiert die Forderung, von den als trügerisch empfundenen Interfaces abzusehen und die tech- nischen Prozesse in den Blick zu nehmen, denen der Status eines objektiven Erkennt- nisbereichs zugeschrieben wird. Ernst erkennt in der Betrachtung der Operationen medientechnischer Apparaturen das Programm einer »buchstäblich elementaren Medienwissenschaft« (Ernst 2008b: 173), die ein Wissen hervorbringe, welches den »natur- und technikwissenschaftlichen Disziplinen« (Ernst 2008b: 181) näherstehe als den Kulturwissenschaften. Diese Tiefenorientierung, die charakteristisch ist für technische Medientheorien, ist der Unterscheidung von Oberfläche und Tiefe nach Ansicht Faßlers nicht eingeschrieben. Sofern das Interface als bloßer Schein begriffen wird, welches das wahre Sein technischer Operationen verdeckt, geht die Unterscheidung von Oberfläche und Tiefe über diese hinaus. In einer zweiten Hinsicht unterläuft Luhmanns Ansatz auch die von Nick Montfort kritisierte Fetischisierung der Interfaces, die insbesondere in der US- amerikanischen Medienforschung zu beobachten ist: »When scholars consider electronic literature, the screen is often portrayed as an essential aspect of all creative and communicative computing — a fixture, perhaps even a basis, for new media« (Montfort 2004).20 Matthew Kirschenbaum greift diese Diagnose eines Bildschirm- und Interfaceessentialismus auf und spitzt sie in der Beschreibung einer medialen Ideologie elektronischer Texte zu, in deren Zentrum die Idee der Immaterialität me- dialer Konstellationen in digitalen Medien steht: »At the core of a medial ideology of electronic text is the notion that in place of inscription, mechanism, sweat of the brow [...], and cramp of the hand, there is light, reason, and energy unleashed in the electric empyrean« (Kirschenbaum 2008: 39). Der Glaube an die Immaterialität digitaler Medien resultiert, so Kirschenbaum, aus einer einseitigen Orientierung an der Oberfläche, d.h. an den Benutzerinterfaces und an den dort ablaufenden – ver- meintlich immateriellen – Performanzen der Nutzer. Logik in der Hardware von Computern das Archiv unserer Gegenwart zu entziffern (vgl. insbes. Ernst 2004, 2008b). 19 | In eine ähnliche Richtung geht die von Ernst rhetorisch gestellte Frage: »Was wir auf user interfaces sehen – ist es noch der Computer (als universale Symbol- maschine) oder gerade dessen Verblendung?« (Ernst 2008b: 165). Der Autor beantwortet diese Frage indirekt, indem er dafür plädiert, Computer hinsichtlich der in ihnen ablaufenden technischen Prozesse und Operationen zu betrachten (vgl. Ernst 2008b: 162f.). 20 | Indem Luhmann der Oberfläche und der Tiefe in der Topologie des Computers dieselbe Wichtigkeit zuspricht, distanziert er sich nicht nur von der Tradition der Kunst und der Religion, sondern implizit auch von der für die Postmoderne typischen Oberflächenorientierung (vgl. Rolf 2007: 468).
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Titel
Digitale Datenbanken
Untertitel
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Autor
Marcus Burkhardt
Verlag
transcript Verlag
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
392
Kategorie
Informatik

Inhaltsverzeichnis

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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