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relationiert werden, fallen Objekt und Interpretant auf der Unterfläche zusammen
(vgl. Nake 2001: 740).48 Es handelt sich um »algorithmische Zeichen« (Nake 2008:
149), die in der Tiefe von der »Quasi-Interpretationsinstanz« (Nake 2001: 740)
Computer regelgeleitet interpretiert werden. Dass es gerechtfertigt ist, Computer als
Interpretationsinstanz zu betrachten, erscheint Nake als Grenzfall, aber dennoch
legitim: »[D]ie Entscheidung für eine Zuschreibung aus einer Menge möglicher Zu-
schreibungen (intentional) schrumpft zusammen auf die Bestimmung der im all-
gemeinen Schema vorgesehenen und vorher bestimmten Zuschreibung (kausal)«
(Nake 2001: 740).49 Weicht die Offenheit intentionaler Interpretationen auf der
Unterfläche der Bestimmtheit einer algorithmisch determinierten Interpretation, ist
es einerseits zwar möglich, den Computer als Interpretationsinstanz zu betrachten,
andererseits sollte diesem jedoch keine Intelligenz zugesprochen werden, da die
möglichen Interpretationen im Programm vorgeschrieben sind (vgl. Nake 2001:
740).
Mit der Unterscheidung von Oberfläche und Unterfläche zeigt Nake auf, dass
Menschen und Computer auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlicher
Weise mit medialen Konstellationen umgehen, diese interpretieren, verarbeiten,
transformieren und manipulieren. Infolgedessen ist danach zu fragen, wie die
menschlichen und technischen Interpretations- und Verarbeitungslogiken in me-
dialen Praxen miteinander verwoben sind. Da sich diese Praxen stets im Rahmen
spezifischer Software-Hardware-Konfigurationen vollziehen, richtet sich die
Frage darauf, wie der phänomenale Umgang mit medialen Konstellationen an
der Oberfläche und ihre Verarbeitung in der unsichtbaren Tiefe in partikularen
Anwendungen zueinander in Bezug gesetzt werden und wie sie aneinander an-
schließen. Dies kann anhand des vorangegangenen Beispiels aus dem Bereich der
Bildbearbeitung mit Adobe Photoshop verdeutlicht werden. Der Zauberstab operiert
auf der Unterfläche und dient der algorithmischen Interpretation von Bildern.
Demgegenüber eröffnet das Pfadzeichenwerkzeug den Nutzern die Möglichkeit, auf
der Bildoberfläche zu agieren und Objekte im Bild zu markieren. Auch wenn der
48 | In Phänomen und Logik der Zeichen definiert Peirce den Zeichenbegriff wie folgt:
»Ein Zeichen oder Repräsentamen ist alles, was in einer solchen Beziehung zu einem
Zweiten steht, das sein Objekt genannt wird, dass es fähig ist, ein Drittes, das
sein Interpretant genannt wird, dahingehend zu bestimmen, in derselben triadischen
Relation zu jener Relation auf das Objekt zu stehen, in der es selbst steht. Dies
bedeutet, daß der Interpretant selbst ein Zeichen ist, der ein Zeichen desselben
Objekts bestimmt und so fort ohne Ende« (Peirce 1983: 64).
49 | Nake bezeichnet die von Computern geleistete Quasi-Interpretation auch als
Determination, die er der Interpretation gegenüberstellt: »Interpretation findet durch
Herstellen und Auswählen von Kontext statt. Determination findet im Rahmen eines
gesetzten und unverrückbaren Kontextes statt, des Kontextes der Berechenbarkeit
nämlich. Die Interpretation des Computers ist die präzise und wiederholbare Ausfüh-
rung einer berechenbaren Funktion« (Nake 2001: 740f.).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242