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Digitale
Datenbanken100
mediale Topologie des Computers ĂŒber Nakes Konzeption hinaus. Dies lĂ€sst sich am
Beispiel digitaler Bilder erlÀutern.
Das Medium der unsichtbaren Maschine ist der digitale Code, der als Bitfolge
Form gewinnt. Auf der OberflÀche des Bildschirms kommen die binÀr codierten
Informationen als Bild zur Erscheinung. Die mediale Konstellation digitales Bild
existiert also auf zwei Weisen bzw. in zwei Formen â als phĂ€nomenal erscheinendes
Bild einerseits sowie als digital codiertes Bild andererseits. Dass der Code als Bild
interpretiert und als solches an der OberflÀche gezeigt wird ist ihm nicht immanent.
Die mediale Logik des Bildes wird ihm von auĂen aufgepfropft, es ist das Resultat
eines bildgebenden Verfahrens.51 Insofern ist es immer auch möglich, die digital
codierten Bildinformationen anders zur Erscheinung zu bringen, z.B. als Text oder
umgekehrt Textdaten als Bilder anzuzeigen (Pias 2003). Bei der Vermittlung zwi-
schen OberflÀche und Tiefe kann aus Gleichem demzufolge Unterschiedliches ent-
stehen, ebenso wie verschiedene Bitfolgen an der OberflÀche keinen Unterschied
machen können. Speichert man dasselbe Bild in unterschiedlichen Bildformaten,
werden diese in der Tiefe auf verschiedene Weise verkörpert, obwohl sie an der
BildschirmoberflÀche in den Augen der Nutzer als dasselbe Bild erscheinen. Die
Kriterien der Selbigkeit medialer Konstellationen verdoppeln sich demzufolge im
Bereich digitaler Medien, wobei weder den OberflÀchenerscheinungen, noch den
Bitfolgen in der Tiefe des Computers gegenĂŒber der jeweils anderen Seite Vorrang
gegeben werden kann.52
51 | Digitale Bilder können nur mittels bildgebender Verfahren als Bilder zur
Erscheinung kommen, wie Claus Pias herausgestellt hat: »Es gibt also etwas,
das Daten ergibt (informationsgebende Verfahren), und es gibt etwas, das Bilder
ergibt (bildgebende Verfahren), aber diese Dinge sind vollstÀndig entkoppelt
und gÀnzlich heterogen« (Pias 2003: 18). Hieraus zieht Pias den Schluss, dass
es digitale Bilder nicht gibt. Die hier verfolgte Argumentation resultiert in einer
gegenteiligen EinschÀtzung. Es gibt digitale Bilder, insoweit die OberflÀche und
UnterflÀche medialer Konstellationen in medialen Praxen relativ stabil aneinander
gekoppelt sind. In diese Richtung weist auch Roberto Simanowskis PlĂ€doyer fĂŒr
eine Hermeneutik bildlicher Tiefeninformation, welche das VerstÀndnis der an der
BildschirmoberflĂ€che erscheinenden Bilder an ihre UnterflĂ€che zurĂŒckzukoppeln
versucht. Im Zentrum steht hierbei die Frage »inwiefern eine Entscheidung auf der
Programmierebene zugleich eine Aussage inhaltlicher Art bezweckt« (Simanowski
2002: 120).
52 | Markup Sprachen wie die eXtensible Markup Language (XML) oder die
Hypertext Markup Language (HTML), falten die doppelte Verkörperung medialer
Konstellationen auf die BildschirmoberflĂ€che zurĂŒck. Nicht nur die Darstellung von
HTML-Dateien in einem Browser ist fĂŒr Menschen informativ, sondern auch der
Quelltext eines solchen Dokuments kann von Menschen gelesen, verstanden und
manipuliert werden.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen OberflÀche und Tiefe 73
- PhÀnomeno-Technische Konfigurationen 75
- SpielrÀume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: BegriffsklÀrung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen fĂŒr DatenunabhĂ€ngigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242