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Computer 105
nicht der einzelne Text, das einzelne Buch oder das einzelne Bild, sondern Texte,
Bücher, Bilder etc. Bushs Interesse an Informationsverarbeitungstechnologien
wurde motiviert durch das Problem einer nicht mehr zu überschauenden Vielzahl
von Publikationen, das mithilfe der Memex technisch beherrschbar werden sollte.
Durch die Beschreibung der Memex hat Bush die konzise Vision einer Technologie
vorgelegt, die der Behandlung und Verarbeitung von medialen Konstellationen im
Kontext einer Vielzahl anderer medialer Konstellationen dient.63 Er wendet sich
dem Einen aus der Perspektive des Vielen zu, womit die tendenzielle Auflösung der
äußeren Einheit von Texten einhergeht. Dies manifestiert sich in der von Bush be-
schriebenen Möglichkeit der assoziativen Verknüpfung von Dokumenten, die in
gewissen Grenzen als Vorläufer von Hyperlinks betrachtet werden können.64 Indem
die in der Memex versammelten Dokumente durch Zeiger zu Pfaden miteinander
verbunden werden, entstehen alternative Lektüremöglichkeiten, die quer zu den
einzelnen Texten liegen.65
Das Konzept des Hypertexts wurde in den 1960er Jahren von Ted Nelson auf
den Begriff gebracht, der in Rekurs auf Bush das Eine nicht nur im Vielen verortet,
sondern die Idee des Vielen auch auf den einzelnen Text zurückfaltet (vgl. 1965,
öffentlicher Imaginationen einer informationstechnischen Zukunft sowie konkreter
technischer Entwicklungen. Als zukunftsträchtig hat sich nicht der konkrete techno-
logische Entwurf, sondern die Vision der Technologisierung der Informationsver-
ar beitung und die Beschreibung grundlegender Funktionalitäten erwiesen. Zu den
Vor- und Parallelgeschichten von Informationsutopien und zur Idee der technischen
Informationsverarbeitung siehe exemplarisch Krajewski (2002), Wright (2007) und
Buckland (2006). Bushs Versuche, die Memex technisch zu realisieren, und das
Scheitern dieser Versuche hat Burke (1992) rekonstruiert.
63 | Die Memex-Vision weist in dieser Hinsicht eine gewisse Nähe zu Bibliotheken,
Archiven und anderen traditionellen Dokumentensammlungen auf. Im Unterschied
zu den institutionellen Formen der Sammlung und Verwaltung von Dokumenten
wird die Memex jedoch vor allem als Technologie des individuellen Umgangs mit
Dokumentsammlungen beschrieben.
64 | Ein konzeptueller Vorläufer von Hyperlinks sind die renvoirs (Querverweise,
Hinweise), die Denis Diderot und Jean Le Rond d’Alembert in der von ihnen heraus-
gegebenen Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des
métiers zwischen Einträgen gesetzt haben (vgl. Diderot 1969 [1755]: 131ff.). Zur
Parallele von renvoirs und Hyperlinks siehe auch Wirth (2005b).
65 | Bush vergleicht das Erstellen eines Pfads mit dem Kreieren eines neuen Buchs
aus vorhandenen Büchern: »[W]hen numerous items have been thus joined together
to form a trail, they can be reviewed in turn, rapidly or slowly, by deflecting a lever
like that used for turning the pages of a book. It is exactly as though the physical
items had been gathered together to form a new book. It is more than this, for any
item can be joined into numerous trails« (Bush 1945: 107).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242