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Computer 111
Eines und Vieles fallen in der unsichtbaren Tiefe des Computers materiell zu-
sammen. Ihre gemeinsame Basis bildet der digitale Code, der das variable Spiel
zwischen Einem und Vielem ermöglicht.77 Diese Variabilität des Umgangs mit me-
dialen Konstellationen respektive Sammlungen medialer Konstellationen ist jedoch
nur relativ. Die Form der Verkörperung von digitalen Medienobjekten in der Tiefe
des Computers bedingt, ob und wie einfach etwas – Worte, Namen, Dokumente,
Daten etc. – als Informationseinheit verarbeitet werden kann. So stellt ein Text-
dokument keine geeignete Datengrundlage fĂĽr die Visualisierung eines Texts als
Wortnetzwerk dar, weshalb das Dokument zunächst geparst werden muss, damit
die zu visualisierenden Einheiten – die Worte – identifiziert werden können.78 Die
Unterscheidung der Sammlungseinheiten ist einem Text demzufolge nicht imma-
nent, sondern wird in einem mehr oder weniger komplexen Ăśbersetzungsprozess
erst getroffen.
Dennoch übt die Zurückführung aller digitalen Medienobjekte auf binäre
Zeichenketten eine immense Suggestivkraft aus, die ebenso zu problematischen
der Zahl der Exemplare oder Auflagen, unabhängig von den verschiedenen dafür
benutzten Substanzen ein Platz exakter Ă„quivalenz fĂĽr die Aussagen und ist fĂĽr sie
eine Instanz der Wiederholung ohne Veränderung der Identität. Man sieht an diesem
ersten Beispiel, daß die Materialität der Aussage nicht durch den eingenommenen
Raum oder das Datum der Formulierung definiert wird, sondern eher durch ein Statut
als Sache oder als Objekt. Dieses Statut ist nie definitiv, sondern modifizierbar,
relativ und kann immer in Frage gestellt werden« (Foucault 1981: 149).
77 | Auf der elementaren Ebene des digitalen Codes kollabiert der Unterschied
zwischen Einem und Vielem. Im Extremfall könnten alle Konstellationen digitaler
Daten als (An-)Sammlungen von binären Zeichenketten verstanden werden. Jedoch
handelt es sich hierbei nur um einen Extrempol bzw. die Grenze des Spiels zwischen
Einem und Vielem im Kontext heutiger Computertechnologien. Frank Dietrich
schlägt die physikalische Metapher der Datenpartikel vor, um herauszustellen, dass
die binäre Unterscheidung zweier Zustände die elementare Ebene darstellt, auf
der Computer Informationen prozessieren können: »I would like to introduce the
metaphor of the data particle as the smallest undividable physical unit capable
of carrying digital information« (Dietrich 1986: 137). Gemeinhin aber prozessieren
sie Daten nicht auf dem Niveau von 1en und 0en, sondern verarbeiten binäre
Zeichenketten als kommunikativ anschlussfähige mediale Konstellationen oder
Sammlungen medialer Konstellationen.
78 | Eine einfache Möglichkeit, um unterschiedliche Worte zu identifizieren, be-
stünde darin, sämtliche zusammenhängenden Buchstabenketten (Groß und Klein-
buchstaben, keine Lehrzeichen, Satzzeichen, Sonderzeichen o.ä.) als Worte zu be-
handeln. Hierbei wĂĽrden alle morphologischen Varianten eines Wortes als unter-
schiedliche Worte behandelt. Zusätzlich hierzu könnten alle so identifizierten Worte
durch Stemming auf ihre Stammform zurĂĽckgefĂĽhrt werden. Hieran wird deutlich,
dass es nicht nur eine Möglichkeit gibt, die Einheiten zu identifizieren.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Ăśber Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242