Seite - 120 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Bild der Seite - 120 -
Text der Seite - 120 -
Digitale
Datenbanken120
ausgewertet wurden, die Hermann Hollerith im ausgehenden 19. Jahrhundert für
diesen Zweck entwickelt hat (vgl. Aspray 1990: 122).
Das Entstehen digitaler Datenbanken lässt sich nicht auf ein singuläres Ereignis
zurückführen, wie z.B. die Erfindung einer besonderen Apparatur, die Einführung
einer bestimmten Softwareanwendung oder eben die Erstellung einer ersten
Datenbank. Vielmehr sind es vielfältige Entwicklungen, die zur »emergence and
popularity of maschine-readable databases« (Neufeld/Cornog 1986: 186) führten.
Ihnen gilt es nachzugehen, will man die praktische und diskursive Bedeutung von
Datenbanken analysieren und ihre mediale Eigenlogik freilegen. Auf Datenbanken
trifft folglich auch zu, was Derrida in Bezug auf das Archiv festgestellt hat:
»Alles wäre einfach, wenn es einen Anfangsgrund oder zwei Anfangsgründe gäbe.
Alles wäre einfach, wenn die physis und jedes ihrer anderen ein oder zwei bildeten.
Nun, damit ist nichts, seit langem vermuten wir es, doch vergessen wir es immer
wieder. Es gibt stets mehr als eines – und mehr oder weniger als zwei.« (Derrida
1997a: 10)
Einen Ausgangspunkt für die Annäherung an die Ursprünge von Datenbanken
liefert die Beschäftigung mit der Geschichte des Datenbankbegriffs, die im
Folgenden nachgezeichnet wird. Diese mündet nicht in einer endgültigen und fest-
stehenden Begriffsdefinition. Vielmehr werden Kontexte aufgedeckt, Dimensionen
aufgezeigt und Ambivalenzen freigelegt, die dem Begriff seit jeher inhärent sind.
Vor diesem Hintergrund werden im zweiten Teil des Kapitels Lev Manovichs
(2001) Thesen zur Datenbank als symbolischer Form dargestellt und diskutiert. Sie
stellen den zentralen Referenzpunkt der bisherigen medienwissenschaftlichen Aus-
einandersetzung mit Datenbanken dar und können infolgedessen ebenso als Grund-
lage wie als Kontrastfolie für die weiteren Betrachtungen zu digitalen Datenbanken
dienen. Hierbei ist zunächst das wachsende medien- und kulturwissenschaftliche
Interesse zur Kenntnis zu nehmen, das dem Gegenstandsbereich in den vergangenen
Jahren zuteil wurde.7 Thematisiert werden Datenbanken unter ästhetischen und
politischen ebenso wie unter technik- und kulturhistorischen Gesichtspunkten. Die
Datenbank dient dabei vor allem als eine Chiffre – neben anderen – für computer-
und internetinduzierte kulturelle Transformationsprozesse.8
7 | Siehe hierzu exemplarisch den von Böhme et al. (2012) herausgegebenen
Sammelband Sortieren, Sammeln, Suchen, Spielen: Die Datenbank als mediale Praxis.
8 | Weitere Chiffren sind beispielsweise die Begriffe Netzwerk, Information und
Digital, die häufig herangezogen werden, um die zeitgenössische Medienkultur zu
charakterisieren.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242