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Datenbank 125
Tagung von Seiten des Militärs finanziert wurde und man vielfältige Anwendungs-
szenarien im militärischen Bereich diskutierte, stand nicht die Entwicklung von
dezidierten Kriegstechnologien im Vordergrund.15
Im Kontext der Tagung wurden Datenbanken vor allem als Management-
und Verwaltungstechnologien begriffen, die der Bewältigung des institutionellen
Informationsflusses dienen. Datenbanken werden, so die Vorstellung, den effektiven
und gezielten Zugriff auf relevante Informationen ermöglichen, um auf deren
Grundlage Entscheidungen zu treffen, wie z.B. bei der Auswahl von geeigneten
Kandidaten für einen bestimmten Posten aus der Reihe der Angestellten. Stellt dies
insbesondere in großen Organisationen unter den Bedingungen nicht-technischer
Informationsverarbeitung eine langwierige Aufgabe dar, kann das Selektionspro-
blem mithilfe der antizipierten computergestützten Datenbanktechnologie rasch
gelöst werden. Unter Angabe bestimmter Parameter könnten diejenigen Personen
herausgefiltert werden, die zur Erfüllung einer Aufgabe geeignet sind. Dies wurde
unter anderem am Beispiel der Abordnung von Offizieren in der United States Air
Force diskutiert, wobei es sich, wie Colonel A. K. Swanson herausstellt, letztlich um
eine Managemententscheidung handelt, die nicht allein von Computern getroffen
werden soll.16 Das Ziel von Datenbanktechnologien solle es sein, den Managern
ein geeignetes Werkzeug an die Hand zu geben, um zu denjenigen Informationen
zu gelangen, auf deren Grundlage sie ihre Entscheidungen treffen können: »Each
of our managers should have a tool that will permit him to relate items relevant
to his current problem« (Swanson 1964: 54). Datenbanken werden hierbei als
texten entstanden sind: »Um die Weltgeschichte abzulösen, produzierte das Medi-
en system in drei Phasen. Phase 1, seit dem amerikanischen Bürger krieg, entwi-
ckelte Speichertechniken für Akustik, Optik und Schrift: Film, Grammophon und das
Mensch-Maschinesystem Typewriter. Phase 2, seit dem Ersten Weltkrieg, entwi-
ckelte für sämtliche Speichermedien die sachgerechten Übertragungstech niken:
Radio, Fernsehen und ihre geheimeren Zwillinge. Phase 3, seit dem Zweiten Welt-
krieg, überführte das Blockschaltbild einer Schreibmaschine in die Technik von
Berechenbarkeit überhaupt« (Kittler 1986: 352). Die Appropriation von Medien tech-
nologien außerhalb des militärischen Kontextes erscheint Kittler als »Mißbrauch
von Heeresgerät« (Kittler 1986: 149).
15 | Datenbanken wurden zunächst weder als Waffensysteme noch Mittel der ge-
heimdienstlichen Arbeit begriffen, sondern als Verwaltungstechnologien. Obwohl die
Konzeption von Datenbanken im militärischen Kontext zur Zeit des Kalten Krieges
entstand, als vor allem von Online-, Echtzeit- und interaktiven Computeranwendungen
die Rede war, drang diese bis Mitte der 1960er Jahre in den Managementdiskurs
ein (vgl. Haigh 2007: 58).
16 | Die Informationen, auf die das von Swanson angeführte Beispiel abzielt,
betreffen zentrale Kenndaten der Offiziere, wie z.B. Dienstgrad, Qualifikationen,
Dienststelle, Dienstzeit etc., welche in formalisierten Strukturen gespeichert wer-
den können (vgl. Swanson 1964: 54f.).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242