Seite - 171 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Bild der Seite - 171 -
Text der Seite - 171 -
Banken, Basen, Reservoirs 171
these bits, because this implies storage and storage implies delay, and delay is
what communication engineers are paid to fight. We, on the other hand, deal with
spatial collections of completed messages and, after recognition or identification,
questions of their ordering and disordering predominate. Finally, the communication
engineer has a much narrower semantics, which refers only to the statistical pro-
perties of the language of the message, not to its sense or seemliness.« (Fairthorne
1961 [1954]: 65)
In Übereinstimmung mit Mooers charakterisiert Fairthorne das Kommunikations-
problem, dem sich die Nachrichtentechnik zuwendet, als eines der Übertragung
von Nachrichten im Raum.35 Diese Form der Kommunikation ist zeitkritisch in
einem technischen Sinn, da es darum geht, Signale in möglichst kurzer Zeit von
einem Punkt A an einen Punkt B zu übertragen. Die Informationen, denen sich das
Information Retrieval widmet, liegen hingegen gespeichert im Raum vor: »Library
communication differs from telegraphic mainly in that all the messages have been
sent already, and you have to pick out the right one to suit a query not known before-
hand« (Fairthorne 1961 [1953]: 25). Der Fokus der bibliothekarischen Informations-
verarbeitung liegt dementsprechend nicht auf der Übermittlung von Nachrichten,
sondern auf deren Erfassung, Identifizierung, Ordnung und Umordnung. Schließ-
lich weist Fairthorne auf einen weiteren zentralen Unterschied zwischen nach-
richtentechnischer und bibliothekarischer Informationsverarbeitung hin. Während
der Kommunikationsingenieur weitgehend oder ganz vom Bedeutungsgehalt und
der Angemessenheit von Nachrichten absieht, interessieren sich Informations-
wissenschaftler genau hierfür. Unter dieser Prämisse sucht Fairthorne nach den
Einsatzmöglichkeiten von Technologien zur automatisierten Verarbeitung biblio-
thekarischer Informationen, wobei er seinen Fokus auf diejenigen semantischen
Aspekte lenkt, die nicht auf dem Erschließen von Informationen durch Menschen
beruhen, sondern auf routinemäßigen Vorgängen. Entscheidend für Fairthornes
Arbeit ist die Frage: »[H]ow far can we go in documentation, as in computing, by
using ritual in place of understanding?« (Fairthorne 1961b: X). Entsprechend der
dieser Herangehensweise zugrunde liegenden pragmatischen Maxime versucht
Fairthorne nicht, eine Technologie zu entwickeln, die der menschlichen Inter-
pretations- und Verständnisfähigkeit semantischer Informationen ebenbürtig ist.
Sein Ziel ist bescheidener und beruht auf der Beobachtung, dass es im Bereich der
bibliothekarischen Informationsverarbeitung eine Reihe repetitiver und routine-
mäßiger Vorgänge gibt, die ebenso gut von Computertechnologien wie von
Menschen erfüllt werden können.
35 | Obwohl Fairthorne nicht explizit auf Mooers verweist, war ihm dessen Kommuni-
kationsmodell des Information Retrieval bekannt. Beide lernten sich spätestens
1950 auf dem International Congress of Mathematicians kennen, wo Fairthorne dem
Vortrag von Mooers beiwohnte (vgl. Fairthorne 1998).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242