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Banken, Basen, Reservoirs 197
codieren, speichern und verarbeiten lässt, also abstrahierte und ›computergerecht‹
aufbereitete Informationen« (Fischer/Hofer 2008).
In dieser Deutung des Datenbegriffs kommt der Sachverhalt zum Ausdruck, dass
Computer nicht unmittelbar mit natürlichsprachlich verfassten Texten, Bildern oder
Filmen operieren, sondern immer nur vermittels binär codierter Repräsentationen.
Die Reduktion des digitalen Codes auf die elementare Unterscheidung zwischen
zwei Zuständen im Bit hat den Vorteil, dass die Unterscheidung gleichermaßen
semantisch (wahr/falsch), logisch-mathematisch (1/0) sowie materiell (z.B. hohe/
niedrige Spannung in einem Schaltkreis) dargestellt werden kann (vgl. Floridi
2010: 28f.). Auf Grundlage dessen sei es, so Floridi, möglich, technische Apparate
zu bauen, »that can recognize bits physically, behave logically on the basis of such
recognition, and therefore manipulate data in ways which we find meaningful«
(Floridi 2010: 29).
Das Verständnis von Daten als Repräsentationen von Information trägt der
Tatsche Rechnung, dass Computer technische Artefakte sind, die Informationen nur
in binär codierter Form verarbeiten können. In dieser Hinsicht unterscheidet sich
die technische Datenverarbeitung von der kognitiven Informationsverarbeitung,
wobei letztere weithin unbestimmt bleibt. Dies stellt solange kein Problem dar,
wie der Datenbegriff der Informatik nur herangezogen wird, um zu beschreiben,
womit Computer materiell und logisch operieren. Als problematisch erweist es sich
jedoch dann, wenn dieses Begriffsverständnis mit der Konzeption von Daten kurz-
geschlossen wird, die aus der Betrachtung von Daten als Voraussetzung und Vorstufe
von Information folgt. Dies führt zu der falschen Annahme, dass Computer Daten
ausschließlich auf dem Niveau von Information als Realität verarbeiten. Falsch ist
diese Annahme nicht erst, seitdem man sich in der Informatik »mit der steigenden
Leistungsfähigkeit der Rechner hin zur Semantik und Pragmatik« (Ott 2004: 184)
orientierte, wie Ott in seiner Auseinandersetzung mit dem Informationsbegriff
der Informatik nachgezeichnet hat. Die Entwicklung des Computers während und
nach dem Zweiten Weltkrieg kann im Gegenteil als Versuch verstanden werden,
computertechnisch mit Information über Realität zu operieren, hierdurch Zugriff
auf Realität zu erlangen und diese zu steuern. Bereits in der Frühzeit des Computers
war Information über Realität von zentraler Bedeutung, welche zumeist in Form
numerischer Daten vorlag. Die Bedeutungsvariante von Daten, auf die hierbei re-
kurriert wird, ist vor allem in den quantitativen Wissenschaften gebräuchlich und
unterscheidet sich sowohl von Floridis diaphorischer Definition als auch der Be-
stimmung von Daten als digitaler Repräsentation von Information.
Daten als (numerische) Information über Realität
Ein Kapitel seiner phänomenologischen Studie zum Sammeln widmet Manfred
Sommer dem Datensammeln, wobei er sich der grundlegenden Frage widmet, ob
und unter welchen Bedingungen es überhaupt möglich sei, Daten zu sammeln (vgl.
Sommer 2002a: 392ff.). In seiner Annäherung an dieses Problem macht er sich für
eine tentative Definition von Daten als »zahlenmäßig bestimmte Fakten« (Sommer
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242