Seite - 200 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Bild der Seite - 200 -
Text der Seite - 200 -
Digitale
Datenbanken200
Analyse des Computers bedeutsam. Die Bedeutungsvariante von Daten als Inhalt
computertechnischer Operationen weist zudem gewisse Parallelen zu dem Ver-
ständnis von Daten als binärer Repräsentation von Information auf. Beide sind
extensional weitgehend deckungsgleich. Sie differieren jedoch hinsichtlich ihrer
Intensionen, die sich in den Begriffen zeigen, von denen der Datenbegriff jeweils
unterschieden wird. Während computerlesbare Daten einerseits zu Information in
Differenz gesetzt werden, unterscheiden sich Daten andererseits von Programmen,
die ihre Verarbeitung steuern.
Daten als digitaler Text
In der terminologisch weitesten und umgangssprachlich vielleicht verbreitetsten
Bedeutungsvariante werden Daten als digitaler Text verstanden. Der Begriff Daten
bezeichnet hierbei die Gesamtheit der binär codierten, maschinenlesbaren In-
skriptionen und dient damit als Sammelbegriff für all das, was auf digitalen Daten-
trägern gespeichert vorliegt, d.h. sowohl Daten im vorgenannten Sinn als auch Pro-
gramme.
Sommer erkennt in diesem Begriffsgebrauch eine metaphorische Ausweitung
der von ihm beschriebenen Datenkonzeption. Die Tatsachen, auf die mit Daten
im Sinn von zahlenmäßig verfassten Fakten Bezug genommen wird, basieren auf
Messungen und können nur vermittels Sätzen ausgedrückt werden. Computerles-
bare digitale Daten sind nach Ansicht Sommers entsprechend zu beschreiben.
Denn Computer messen und verarbeiten Unterschiede (das Vorhandensein oder
Nichtvorhandensein von Löchern auf Lochkarten, Spannungsunterschiede, etc.),
die sich als eine »Serie von Sätzen« (Sommer 2002a: 416) der Form f(x,y) verstehen
lassen, welche folgende drei Bedingungen erfüllen: »(a) f steht für ›ist belegt mit‹;
(b) x referiert auf einen Speicherplatz; (c) y steht für den Wert 0 oder den Wert
1« (Sommer 2002a: 414). Die Mittelbarkeit, die digitalen Daten diesem Verständnis
zufolge innewohnt, wird durch die Identifikation von Daten mit deren materieller
Realisation verdeckt.87 Daten können infolgedessen, »was sie als Sachverhalte gar
nicht können dürften: Sie befinden sich an einem Ort, sie brauchen Platz, sie werden
durch den Raum transportiert, sie gehen verloren oder werden gelöscht« (Sommer
2002a: 419).88
87 | Das Sammeln von Daten beruht nach Ansicht Sommers auf einer doppelten
Mittelbarkeit, die er wie folgt beschreibt: »Was wir zusammentragen und abspeichern,
hat also bei den elektronisch verarbeitbaren Daten – wie bei allen Sachverhalten –
eine zweifache Mittelbarkeit: Erstens: statt der Daten nehmen wir Sätze; zweitens:
statt der Sätze nehmen wir Zeichen. Wir Computerbenutzer haben uns jedoch eine
Redeweise angewöhnt, in welcher diese Mittelbarkeit zum Verschwinden gebracht
wird durch metaphorischen Sprachgebrauch.« (Sommer 2002a: 418)
88 | Gesammelt werden können nach Ansicht von Sommer nur Dinge. Will man
immaterielle Gegenstände, wie z.B. Romane sammeln, so ist dies nur mittelbar
möglich, indem »der Sinn versinnlicht und verdinglicht« (Sommer 2002a: 105)
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242