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Banken, Basen, Reservoirs 203
Eine weitere nicht zu vernachlässigende Form von Information stellen die
Nutzungs- und Gebrauchsinformationen dar. Im Umgang mit Computern sowie
beim Prozessieren des Computers entstehen Informationen, die gespeichert
und ausgewertet werden können, d.h. es lassen sich nicht nur Informationen aus
Informationen ableiten, der Gebrauch von digitalen Informationen allein ist bereits
potenziell informativ. Der Erfolg des Web 2.0 basiert in erheblichem Maß auf der
Speicherung und Auswertung von Nutzungsinformationen. Dienste wie das Internet-
radio last.fm sammeln Informationen über die Hörgewohnheiten ihrer Nutzer, um
ihnen auf Grundlage des so bestimmten Geschmacks neue Musik vorzuschlagen.
Mit der Erhebung der Hörgewohnheiten einer Vielzahl unterschiedlicher Nutzer
wird es möglich, diese in ein Nähe- und Distanzverhältnis zueinander zu setzen.
Gefunden werden können hierdurch andere Nutzer, die einen ähnlichen Musik-
geschmack haben, sowie neue Musik, die dem eigenen Geschmack ähnlich ist.
Die dritte und für die medientheoretische Betrachtung von Datenbanken grund-
legendste Form von Information in der Umwelt digitaler Informationen gerät in
den Blick, wenn man Informationssysteme auf die Bedingung ihres Funktionierens
hin befragt. In Datenbanken werden Informationen zum Zweck ihres späteren Ge-
brauchs gespeichert, wie zum Beispiel ihrer Lektüre, ihrer algorithmischen Aus-
wertung, ihrem Abgleich oder ihrer generischen Wiederverwendung. Insbesondere
dann, wenn die in Datenbanken gespeicherten Informationen nicht nur auf dem
Niveau von Realität verarbeitet werden sollen, sondern als Informationen über
Realität, bedarf es zusätzlicher Informationen, sogenannter Metainformationen, die
über die Bedeutung der Primärinformationen informieren. Diese Informationen
über Informationen ermöglichen es Computern »Daten zu ›erkennen‹ und zu
finden, zu verschieben und zu extrahieren, mit anderen Daten zu verbinden«
(Manovich 2005: 29). Durch die Explikation impliziter Bedeutungen zum Zweck
der computertechnischen Verarbeitung von Informationen gerät nach Ansicht
Weinbergers jedoch »die empfindliche Ökologie des Impliziten und Expliziten«
(Weinberger 2008: 184) ins Wanken. Seines Erachtens lässt sich das Implizite nie
vollständig darlegen; es gibt stets einen Überschuss des Impliziten, weshalb sich
Metainformationen immer als defizitär erweisen, um die potenziellen Bedeutungen
von Informationen vollständig zu erfassen oder zu beschreiben.
Auch wenn der Explikation des Impliziten enge Grenzen gesteckt sind, kommt
Metainformationen bei der Verwaltung und Verarbeitung digitaler Informationen
ein zentraler Stellenwert zu, weshalb sie medientheoretisch ernst zu nehmen sind.
Es gilt nach den Strategien der Explikation des Impliziten zu fragen und zu eruieren,
wie Metainformationen in Computern operativ werden. Im Folgenden Kapitel zur
technischen Logik digitaler Datenbanken werden diese Fragen einer eingehenden
Betrachtung unterzogen.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242