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Digitale
Datenbanken220
aufnehmen zu können, soll dies ebenfalls keine Auswirkungen auf existierende
Anwendungen haben.21
Mit der Entwicklung immer komplexerer Informationssysteme – deren Daten-
bestände verteilt auf mehreren Computern gespeichert und verwaltet werden oder
deren semantische Integrität durch logische Konsistenzregeln abgesichert wird –
entstehen weitere Abhängigkeiten und somit neue Herausforderungen für Daten-
unabhängigkeit. Daher unterscheidet Codd neben der physischen und der logischen
Datenunabhängigkeit zwei weitere Formen von Unabhängigkeiten, welche tech-
nisch zu gewährleisteten sind: die »Distribution Independence« und die »Integrity
Independence« (vgl. Codd 1990: 345ff.).22 An dieser Erweiterung wird deutlich,
dass Datenunabhängigkeit kein absoluter Zustand ist, sondern von den konkreten
technischen Praktiken der Versammlung, Verwaltung und Verarbeitung digitaler
Information(ssammlung)en abhängt.23
21 | Die Unterscheidung zwischen logischer und physischer Datenunabhängigkeit
ist keineswegs trennscharf. Beispielsweise unterscheidet Codd in A Relational
Model of Data for Large Shared Data Banks drei Formen von Datenabhängigkeiten:
die »Ordering Dependence«, die »Access Path Dependence« sowie die »Indexing
Dependence« (Codd 1970: 378f.). Während die ersten beiden Abhängigkeiten in
der Unterscheidung zwischen logischer und physischer Datenunabhängigkeit auf-
gehen, ist die Forderung nach der Unabhängigkeit von Datenbankindexen weder
eindeutig der Seite der Physik noch der Logik zuzuordnen. Bei der Verwaltung großer
Datenmengen wurde früh von Indexen Gebrauch gemacht, um die Performanz des
Systems bei der Abfrage bestimmter Informationen zu erhöhen, indem alternative
Ordnungen der in der Datenbank enthaltenen Informationen erzeugt werden. Er-
weisen sich Indexe bei der Informationsabfrage einerseits als vorteilhaft, zieht ihr
Gebrauch andererseits Nachteile beim Einfügen und bei der Modifikation von Infor-
mationen nach sich. Daher bleibt ihr praktischer Einsatz stets ein Kompromiss,
was zur häufig wechselnden Indexen führt. Hieraus ergibt sich die Forderung, dass
Anwendungen unabhängig von den aktuell vorhandenen Indexen die gewünschten
Informationen abfragen können und zugleich durch das DBMS in die Lage versetzt
werden sollen, diese so schnell wie möglich zu finden (vgl. Codd 1970: 378).
22 | Als »Integrity Independence« bezeichnet Codd die Gewährleistung der logischen
Integrität einer Datenbank, die nicht durch Nutzer, sondern durch das DBMS sicher-
zustellen sei. Die »Distribution Independence« betrifft Herausforderungen, welche
bei der verteilten Speicherung von Datenbanken auftreten. In diesem Zusammen-
hang sei zu gewährleisten, dass Informationsbestände in verteilten Datenbank-
systemen reorganisiert werden können, ohne dass dies Auswirkungen auf die Nutzer
bzw. Anwendungsprogramme hat (vgl. Codd 1990: 345ff.). Unter einer verteilten
Datenbank versteht man eine Datenbank, deren Informationsbestand auf mehreren
unabhängig voneinander operierenden Computern verteilt und verwaltet wird.
23 | Die Relativität der Datenunabhängigkeit zeigt sich darüber hinaus auf einer
weiteren Ebene, die Stonebraker in seiner Kritik an der von Date und Hopewell
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242