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Techno-Logik 233
Beschrieben wird jedoch nicht, wie dies tatsächlich mit Computern zu
realisieren ist. An dieser Stelle setzen die diversen Datenmodelle an, welche in
kon kreten DBMS Verwendung finden. Durch die Drei-Ebenen-Datenbankarchi-
tektur werden vielmehr die materiellen Bedingungen beschrieben, unter denen
digitale Informationen ein gewisses Maß an Unabhängigkeit gegenüber den Pro-
grammen gewinnen, in denen sie verarbeitet werden. Hieraus resultiert der Ein-
druck der Immaterialität digitaler Informationen, der weder bloßer Schein, noch
ein Wesensmerkmal dieser Informationen ist, sondern ein Leistungsmerkmal von
Informationssystemen, die auf der Computational Theory der ANSI/X3/SPARC-
Architektur beruhen.39
Beschreibt die ANSI/X3/SPARC-Architektur das Computational Model von
Datenbanken im engen Sinn der Informatik, so ist dieses als ein kontingentes
Modell der Versammlung und Verwaltung digitaler Informationen zu verstehen,
welches gegenüber anderen Formen des Umgangs mit Sammlungen in digitalen
Medien abgegrenzt werden muss. Dies ist möglich, wenn man danach fragt, wie
die in der Architektur unterschiedenen drei Ebenen digitaler Informationen in
anderen Gebrauchskontexten praktisch miteinander verschaltet werden. Hier-
durch werden die mit DBMS verwalteten Informationssammlungen vergleichbar
mit anderen Informationssammlungen, die aus Sicht der Informatik allenfalls
Datenbanken im metaphorischen Sinn sind. Die von der ANSI/X3/SPARC Study
Group on DBMS vorgeschlagene Architektur lässt sich daher als eine bestimmte
Form der Verknüpfung der drei Ebenen digitaler Information begreifen, welche
den Informationsfluss zwischen Oberfläche und Tiefe auf eine spezifische Weise
konfiguriert. Kennzeichnend ist für diese unter anderem, dass die Ebene exakt be-
stimmt worden ist, auf der die strukturelle Beschreibung derjenigen Informationen
ansetzt, die in Datenbanken gespeichert werden sollen.
Während das interne Schema die Ordnung von Informationen im Speicher
modelliert und die externen Schemata unterschiedliche Sichten auf die Datenbank
beschreiben, definiert das konzeptuelle Schema, welche Informationen potenziell
in einer konkreten Datenbank verwaltet werden können. Das konzeptuelle Schema
modelliert eine Realität, auf die sich die Datenbank bezieht und über die sie infor-
mieren wird. Es verweist zugleich auf ein Außen, auf die Welt, in der die Daten-
bank entworfen, entwickelt und betrieben wird und über die sie Auskunft gibt. Das
Außen des konzeptuellen Schemas ist demzufolge ein anderes als das der externen
Schemata, die die äußere Sicht der Nutzer auf den Informationsbestand im Inneren
der Datenbank definieren. Das konzeptuelle Schema verweist auf eine Wirklichkeit,
39 | Die ANSI/X3/SPARC-Architektur stellt nur eine mögliche Computational Theory
für digitale Datenbanken dar, in deren Zentrum die Forderung nach Datenunabhän-
gigkeit steht. Dies zeigt sich in der Debatte um NoSQL-Datenbanken, die nicht nur
explizit mit der SQL-Abfragesprache und dem ihr zugrunde liegenden relationalen
Datenmodell brechen, sondern implizit auch mit der Computational Theory der ANSI/
X3/SPARC-Architektur, S. 232f.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242