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Techno-Logik 241
turtechniken zu erweitern. Eine solche Kritik fragt nicht ausschließlich nach den
geistigen Funktionen, die es ermöglichen »die passive Welt der bloßen Eindrücke
[...] zu einer Welt des reinen geistigen Ausdrucks umzubilden« (Cassirer 2001
[1923]: 12). Sofern das »Problem der Wirklichkeitserschließung« (Kreis 2010: 173)
im Zentrum der Philosophie der symbolischen Formen steht, wie Guido Kreis in
seiner Studie zu Cassirers Kulturphilosophie nahelegt, sind spätestens unter der
Bedingung digitaler Medientechnologien auch nicht-geistige, technische Formen
der Wirklichkeitserschließung zu berücksichtigen. Als Beispiel hierfür diente die
Betrachtung der Herstellung computer-lesbarer Signifikanz im Rahmen der ANSI/
X3/SPARC-Datenbankarchitektur, auf der das zweifache Potenzial von Daten-
banken beruht: Ressource bekannter Informationen über Realität zu sein und Basis
für neue Informationen.49 Die Möglichkeit hierzu wird durch die Formalisierung
des konzeptuellen Schemas geschaffen, aber auch beschränkt.
Während das Modell die Datenbank nach außen hin begrenzt, bestimmt der
Formalismus, wie die Daten im Computer operativ werden können, d.h. durch
die Übersetzung des konzeptuellen Weltmodells in ein formales Modell, das kon-
zeptuelle Schema, werden die Daten für den Computer als Informationen ver-
arbeitbar. Den binär-digital codierten Signalfolgen (Information als Realität) wird
eine Form gegeben, die sie auf eine Bedeutung festlegt und sie als Informationen
(über Realität) adressierbar macht. In DBMS wird dieses formale Modell im so-
genannten Data Dictionary gespeichert, das als »meta data data base« (Study Group
on Data Base Management Systems 1975: II-32) dient. Ähnlich wie Wörterbücher
Beschreibungen sprachlicher Einheiten beinhalten, aber keineswegs sämtliche Aus-
sagen, die mit diesen getätigt werden können, enthält das Datenwörterbuch keine
Informationen darüber, welche Informationen tatsächlich in einer Datenbank
gespeichert sind – dies würde ein Katalog leisten –, sondern nur darüber, welcher
Art Informationen potenziell in dieser gespeichert und aus dieser abgefragt werden
können.50
Im Folgenden soll betrachtet werden, wie Bedeutung durch konkrete Daten-
modelle in DBMS expliziert wird und wie sich dies auf die computertechnische
Verwaltung und Verarbeitung digitaler Informationen auswirkt. Davon ausgehend
49 | Um den epistemologischen Unterschied zwischen der ästhetischen und der
ontologischen Interpretation zu erläutern, zieht Floridi einen Vergleich zwischen
Biologie und Physik einerseits und Mathematik und Informatik andererseits heran.
Während man in Biologie und Physik von einer präexistenten Welt ausgeht, die
durch theoretische Modelle beschrieben werden soll, um Vorhersagen über die Welt
treffen zu können, dienen Modelle in der Mathematik und Informatik als Ausgangs-
punkt oder Basis, an der die Welt schließlich bemessen wird (vgl. Floridi 1999: 111).
50 | Neben dem konzeptuellen Schema enthält das Data Dictionary auch Infor-
mationen über das interne Schema sowie die externen Sichten auf die Datenbank.
Es ist das »repository of information about the database« (Tsichritzis/Klug 1978:
185).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242