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Techno-Logik 243
dem Telefon oder der Aufruf einer bestimmten Webseite. Im Kontext eines Daten-
banksystems sind die Entitäten vollständig durch ihre Attribute bestimmt, denen
bei der Dateneingabe Werte zugewiesen werden. Insofern definiert das konzeptuelle
Schema eine abstrakte Struktur, die im Umgang mit der Datenbank erst mit kon-
kreten Informationen gefüllt werden muss. Sie bleibt den Daten gewissermaßen
äußerlich, weist ihnen aber zugleich eine Bedeutung zu. Diese Zuschreibung legt
die gespeicherten Werte auf etwas – ein Attribut einer Entität – fest und macht sie
hierdurch als Werte eines bestimmten Typs adressierbar, die ausgewertet und mit
anderen Werten kombiniert werden können, sodass man im Umgang mit Daten-
banken nicht nur bekannte, sondern genuin neue Informationen erhalten kann.
Im Rahmen der ANSI/X3/SPARC-Datenbankarchitektur bildet das konzep-
tuelle Schema den Dreh- und Angelpunkt von DBMS. Die Explikation des Infor-
mationsmodells ist nicht Selbstzweck, sondern dient der automatisierten Ver-
waltung von Informationen durch Computer. Nach Bachman kommt es auf vier
grundlegende Funktionen im Umgang mit Informationen an: »If records are put
into a file so they can be used, four basic functions are involved. We must be able to
store, retrieve, modify and delete« (Bachman 1966: 225). Datenbankverwaltungs-
systeme sollen demzufolge das Speichern, Abfragen, Verändern und Löschen
von Informationen in Computerdatenbanken ermöglichen. Wie genau diese
Operationen mit Computern automatisiert werden können und auf welche Weise
die zu verwaltenden Informationen im konzeptuellen Schema zu modellieren sind,
darüber geben die Berichte der ANSI/X3/SPARC keine Auskunft. Vielmehr hofften
die Mitglieder der Arbeitsgruppe, dass künftige DBMS es ihren Nutzern freistellen
werden, welches Modellierungsverfahren in konkreten Anwendungen zum Einsatz
kommen soll:
»[T]here is a continuing argument on the appropriate data model: e.g., relational,
hierarchical, network. If, indeed this debate is as it seems, then it follows that the
correct answer to this question of which data model to use is necessarily ›all of the
above‹. A major consequence of the model described in this Report is a mecha-
nism that permits this answer in a meaningful sense.« (Study Group on Data Base
Management Systems 1975: I-1)
Die Autoren hegten die Hoffnung, dass sich eine standarisierte Sprache zur formalen
Deklaration des konzeptuellen Schemas etablieren werde, welche die Differenzen
zwischen den Anfang der 1970er Jahre zur Disposition stehenden Datenmodellen
überwinden würde. Dieser Wunsch ist nie technische Realität geworden, da sich
die Weise der Modellierung von Information stets auf deren computertechnische
Verarbeitung auswirkt.53 Das hierarchische Datenmodell, das Netzwerk-Daten-
53 | Im Interview mit Haigh bestätigt Bachman, dass man bei dem Entwurf der Drei-
Ebenen-Architektur die Hoffnung hegte, DBMS würden künftig nicht nur mit spezi-
fischen Datenmodellen operieren, sondern die abstrakte Beschreibung eines kon-
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242