Seite - 251 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Bild der Seite - 251 -
Text der Seite - 251 -
Techno-Logik 251
dem in der Mathematik geläufigen Verständnis.67 Dessen ungeachtet bildet die ma-
thematische Mengenlehre den Eckpfeiler des relationalen Datenmodells, mit der
ein Perspektivwechsel auf die Modellierung von Informationen im konzeptuellen
Schema einhergeht.
Zwar steht im relationalen Datenmodell auch die formale Beschreibung von
Entitäten und deren Beziehungen zueinander im Vordergrund. Diese werden aber
als Relationen konzeptualisiert, welche Mengen von n-Tupeln sind und damit streng
genommen Sammlungen von Informationssammlungen über Entitäten. Oder an-
ders formuliert: Auf der Grundlage der Mengenlehre werden Entitäten als Informa-
tionssammlungen modelliert, die Teil der Informationssammlung »Datenbank«
sind.68 Hierdurch wird der Unterschied zwischen dem Einen (Informationen über
eine Entität) und dem Vielen (Sammlungen von Informationen über Entitäten) unter-
laufen. Ob eine Relation nur ein Tupel beinhaltet oder eine große Zahl an Tupeln ist
in mengentheoretischer Hinsicht irrelevant, es handelt sich gleichermaßen um eine
Relation. Insofern lässt sich der Übergang vom Vielen zum Einen als Übersetzung
einer Relation in eine andere begreifen und formalisieren.
Zudem wird die Unterscheidung von Entitäten und Beziehungen aufgelöst,
welche im hierarchischen Datenmodell und im Netzwerkdatenmodell von zentraler
Be deutung war. Im relationalen Datenmodell ist der Unterschied zwischen diesen
relativ. Entitäten werden als Relation, d.h. Beziehung, von Werten in einem Tupel
begriffen und Beziehungen zwischen Entitäten werden in Relationen abgebildet. Die
in Netzwerkstrukturen als Linien (Kanten) modellierten Beziehungen werden in
Informationen übersetzt, die ebenso in der Datenbank zu speichern sind wie die
Informationen über Entitäten. Relationale Datenbanken deklarieren Beziehungen
durch sogenannte Fremdschlüsselattribute in einer Relation, welche die Identifika-
tion von Entitäten anderer Relationen erlauben, wie das Beispiel in Abb. 15 zeigt.69 In
diesem vereinfachten Modell gibt es die drei Relationen Buch, Autor und Buchautor.
Bücher werden in der Relation Buch durch eine Identifikationsnummer, einen Titel,
den Verlag und das Erscheinungsjahr beschrieben. Die Informationen über Autoren
werden in einer anderen Relation gespeichert, die neben einer Identifikations-
nummer den Namen, den Vornamen sowie weitere Informationen über einen Autor
67 | Auf diesen Umstand weist Codd selbst hin. Bei Relationen im Kontext des
relationalen Datenmodells handelt es sich mengentheoretisch betrachtet streng
genommen um Relationships, welche im Unterschied zum mathematischen Begriff
der Relation keine feste Anordnung der Elemente eines Tupels erfordern (vgl. Codd
1970: 374).
68 | Das relationale Datenmodell erlaubt es zudem, die Datenbank als Ganzes zu
beschreiben. Eine Datenbank ist eine variable Informationssammlung auf Grund-
lage eines konzeptuellen Schemas: »The totality of data in a data bank may be
viewed as a collection of time-varying relations« (Codd 1970: 379).
69 | Innerhalb einer Relation können Entitäten durch sogenannte Primärschlüssel
eindeutig identifiziert werden, die ein oder mehr Attribute umfassen.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242