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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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Techno-Logik 259 verstehen können. Die Query löst die Medien ab. Wo vorher der Rufer ins Nichts den Sinn produzierte, steht heute der algorithmische Filter im Alles.« (Seemann 2011b) Obwohl im bisherigen Verlauf des Kapitels gezeigt wurde, dass durch das relationale Datenmodell eine Form der computergestützten Suche in Datenbanken möglich wurde, die dem Suchvorgang eine neue Qualität verleiht, ist der »algorithmische Filter im Alles«, in dem Seemann die Erfüllung von Borges’ Gedankenexperiment der Bibliothek von Babel sieht, eine kritisch zu hinterfragende Imagination.84 Weder das Bild des Filters noch der Verweis auf Algorithmen vermag die Besonderheit der Suche in relationalen Datenbanken zu erklären.85 Die Suchmöglichkeiten von SQL basieren nicht auf Verfahren der algorithmischen Sinnzuschreibung, sondern beruhen auf der vorgängigen Formalisierung eines Informationsmodells im kon- zeptuellen Schema und der strukturierten Speicherung von Informationen nach Vorgabe dieses Modells. Algorithmen bedingen dabei allenfalls wie schnell etwas in der Datenbank gefunden wird, aber nicht was als Ergebnis für eine Such- anfrage zurückgegeben wird. In einer Select-From-Where-Anweisung sind die Kriterien der Auswahl von Datenbankinformationen vollständig und eindeutig bestimmt. Relationale Datenbanken lassen sich nur hinsichtlich der in ihnen ent- haltenen Informationen als Black Box betrachten.86 Die Prinzipien der Suche, d.h. die Regeln der Verkopplung von Suchanfragen mit Suchergebnissen, stellen bei 84 | Borges zeichnet nicht das Bild der perfekten Bibliothek, sondern er führt die Praxis der Versammlung von Büchern an ihre hypothetische Grenze, die keine Voll- endung, sondern den Zusammenbruch der Bibliothek bedeutet. Die Bibliothek, welche nicht nur alle geschriebenen, sondern alle möglichen Bücher enthält, ist eine Dystopie, insbesondere auch für den Suchenden. In dem Moment, in dem durch die bloße Kombinatorik von Buchstaben alles mögliche gesagt scheint, ist gerade nichts mehr gesagt. Jeder mögliche Autor vertritt jede mögliche Position und jede Position wird von jedem Autor vertreten. Die Bibliothek in der Extremform des Gedanken- experiments ist keine Bibliothek mehr; ihre Bewohner müssen von Neuem beginnen, Aussagen zu produzieren. Ein möglicher Modus der Sinngenerierung besteht in der Selektion bestimmter Bücher durch die Suche. Hierbei gilt es zu bedenken, dass im Kontext von Borges’ hypothetischer Bibliothek der Akt des Suchens nach einem Buch dem Schreiben des Buchs durch den Suchenden gleichkommt. Nur wer den kompletten Text eines zu findenden Buchs als Suchbedingung angibt, kann es ein- deutig identifizieren. Damit wird das Suchen jedoch überflüssig, da das Ergebnis der Suche prinzipiell keine neuen Informationen hervorbringen kann. 85 | In Translation as a Filter zeigt Naoki Sakai die Polysemie der Metapher des Fil- ters auf, weshalb er die Beschreibung von Übersetzung anhand dieser Metapher kritisiert (Sakai 2010). Analog hierzu bleibt Seemans Vision eines »algorithmischen Filter im Alles« weithin unbestimmt. 86 | Auf Grundlage des relationalen Datenmodells wurde es nach Ansicht von Gugerli möglich, die »Datenbank als Back Box [zu, M.B.] behandeln, an die sich auch Fragen
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Titel
Digitale Datenbanken
Untertitel
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Autor
Marcus Burkhardt
Verlag
transcript Verlag
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
392
Kategorie
Informatik

Inhaltsverzeichnis

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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