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Techno-Logik 267
wertungsprinzipien von Suchmaschinen ließe sich die Suchmaschinenoptimierung
exakt operationalisieren und damit algorithmisieren, was zur Konsequenz hätte,
dass Nutzer auf Suchanfragen fortan nur noch das finden, was für die Such-
maschine besonders gut durch SEO-Algorithmen optimiert wurde. An die Stelle
des einen als Übermächtig empfundenen Suchalgorithmus träte eine Vielzahl mit-
einander konkurrierender SEO-Algorithmen, die an den Informationsbedürfnissen
der Nutzer vorbei operieren, denn die Aufmerksamkeitslenkung der Nutzer ist für
diese kein Hilfsmittel für den übergeordneten Zweck der Suche, sondern ein allein
ökonomisch motiviertes Ziel. Der Zugewinn an Transparenz hätte zur Konsequenz,
dass das Finden von Ressourcen für die Nutzer in der Suchpraxis schwieriger, wenn
nicht sogar unmöglich wird.104 Infolgedessen dient die Geheimhaltung von Such-
algorithmen nicht nur der Sicherung von Wettbewerbsvorteilen einzelner Such-
maschinenbetreiber, sondern auch dem weiteren Funktionieren der Websuch-
maschine. Diesbezüglich stellte Eric Enge auf dem Blog Search Engine Watch
treffend fest: »[L]inks were a better quality signal when the world didn’t know
that they were a signal. But, those days are gone« (Enge 2012).105 Mittlerweile ist
Ergebnislisten von Suchmaschinen bei bestimmten Themen für die Nutzer nur sehr
wenige brauchbare Resultate. Derartige Manipulationen versuchen Suchmaschinen-
betreiber durch die kontinuierliche Anpassung ihrer Bewertungsalgorithmen zu
unterbinden.
104 | Eine Demokratisierung der Suche lässt sich demzufolge nicht durch die Of-
fenlegung der Suchalgorithmen erreichen, sondern setzt, wie Rieder dargelegt hat,
»ein klares begriffliches Verständnis der Technologie, ebenso wie ein Überdenken
unseres Verständnisses von Demokratie« (Rieder 2009: 168) voraus. Diese kreuzen/
überlagern sich im Design von Suchmaschinen, das derzeit vom Prinzip der Nutzer-
orientierung geprägt ist. Demgegenüber macht sich Rieder für ein »gesellschaftlich
orientiertes Design« (Rieder 2009: 157) von Suchmaschinen stark, welches auf
der politischen Ebene durch Regulierungsmaßnahmen und die Schaffung von An-
reizen sowie auf der medienpraktischen Ebene durch die Förderung experimenteller
Suchtechnologien auf der Basis existierender Suchmaschineninfrastrukturen durch-
gesetzt werden könne (vgl. Rieder 2009: 162ff.). Wie Röhle zu bedenken gibt, sind
die Erfolgsaussichten eines solchen Ansatzes gegenwärtig als relativ gering ein-
zuschätzen: »Regulierung, Aufklärung oder die Forderung technischer Alternativen
– bisher sind noch so gut wie alle Ansätze an der Bequemlichkeit der Nutzer ge-
scheitert« (Röhle 2010: 234).
105 | Der Indikator, auf dem einst der Erfolg der Suchmaschine Google hauptsächlich
gründete, ist durch die Bedeutung, welche Links für die Relevanzzuschreibung bei-
gemessen wurde, unzuverlässig geworden und hat infolgedessen an Relevanz ver-
loren (vgl. Wall 2011). Dennoch bildet die Linkpopularität noch immer einen Faktor
bei der Bewertung von Webseiten durch Suchmaschinen. Es ist jedoch umstritten,
wie stark der Grad der Verlinkung die algorithmische Auswahl der Suchergebnisse
beeinflusst.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242