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Digitale
Datenbanken270
Schlagworten und erlaubt es dadurch, diese in ein Nähe- und Distanzverhältnis zu-
einander zu stellen. So können Nutzern auf Grundlage der von ihnen annotierten
Ressourcen und vergebenen Tags nicht nur neue, ähnliche Ressourcen vorgeschla-
gen werden, sondern auch andere Nutzer, die ähnliche Interessen haben. Diese
Ähnlichkeiten sind jedoch nicht in der Datenbank gespeichert, sondern können aus
den Datenbankinformationen abgeleitet werden.107
Relationale Datenbanken, Websuchmaschinen und Social Tagging-Systeme
lassen sich als Informationssysteme begreifen, die Bedeutung verarbeiten. Während
in relationalen Datenbanksystemen der Gehalt von Information im Mittelpunkt
steht, rücken Websuchmaschinen wie Google den Relevanzaspekt von Information
ins Zentrum. Das Social Tagging basiert wiederum auf einer Sinnzuschreibung
durch die Nutzer in Form von Schlagworten, die unterschiedlichen Auswertungsver-
fahren zugänglich sind. Tag Clouds wurden als Beispiel eines solchen Auswertungs-
respektive Präsentationsmodus vorgestellt. Die Darstellung der Schlagworte ent-
sprechend ihrer Häufigkeitsverteilung übersetzt die nutzerseitigen Beschreibungen
in ein Relevanzdiagramm, welches eine Gewichtung zwischen den von den Nutzern
vergebenen Schlagworten anschaulich macht. Hieran wird deutlich, dass die beiden
Seiten von Bedeutung – Gehalt und Relevanz – für den computertechnischen Um-
gang mit Informationssammlungen nicht nur gleichermaßen wichtig sind, sondern
auch, dass diese im Kontext spezifischer Informationssysteme häufig miteinander
verschaltet sind. Zugleich erweist sich die Frage nach dem Unterschied zwischen
Technologien des Sinns und Technologien der Relevanz in der digitalen Medien-
kultur als ungemein wichtig.108 Dies wird im Folgenden am Beispiel des Semantic
Web dargelegt.
Semantic Web: Herausforderungen einer Vision
An Websuchmaschinen wird mitunter kritisiert, dass diese weder in der Lage seien,
den Sinn von Internetinformationen zu verstehen, noch den von Suchanfragen. Die
107 | Jenseits der beschriebenen Möglichkeiten zur Auswertung der gespeicherten
Informationen sind in das konzeptuelle Schema jedoch auch Beschränkungen ein-
geschrieben, die sich direkt auf das Informationssystem auswirken. Das von Smith
vorgeschlagenen Modell geht implizit davon aus, dass jede Ressource nur einen
Titel hat. Demzufolge ist es im Rahmen eines Tagging-Systems, das auf einer sol-
chen Datenbank beruht, nicht möglich, dass die Nutzer ihren Ressourcen einen
eigenen Titel geben. Um dies zu ermöglichen, müsste das Schema um eine Relation
erweitert werden, die neben dem gewählten Titel die Identifikationsnummer des
Nutzer sowie der Ressource als Attribute enthält.
108 | Bedeutsam ist diese Frage nicht nur hinsichtlich der Beschreibung konkreter
medialer Praxen, sondern vor allen auch auf der diskursiven Ebene, auf der die
Vor- und Nachteile bestehender Informationssysteme ebenso verhandelt werden wie
Visionen für die Zukunft digitaler Medientechnologien.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242