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Phänomeno-Logik 285
werden, die auf den Erlebnis- und Erfahrungshorizont ihrer Nutzer (seien es
menschliche oder technische Akteure) hin entworfen sind und ihnen im gleichen
Zuge eine bestimmte Position zuweisen, aus der heraus sie die Datenbank erfahren
und mit dieser umgehen können. Es handelt sich um ein doppeltes Bedingungs-
verhältnis, bei dem die Verkörperung der Datenbank einerseits davon abhängt, wie
ihre antizipierten Nutzer erfahren und handeln können. Andererseits werden die
Möglichkeiten der Nutzer, mit der Datenbank umzugehen, aber auch vom Inter-
face bedingt respektive bestimmt. Für die Analyse der Phänomeno-Logik digitaler
Datenbanken stellt die Betrachtung von Schnittstellen infolgedessen einen zen-
tralen Referenzpunkt dar. Zugleich geht die verfolgte Fragestellung aber auch über
eine beschreibende Analyse von partikularen Benutzerschnittstellen hinaus, da ele-
mentare Gebrauchsweisen von Datenbanken in den Blick genommen werden sollen,
welche in unterschiedlichen Schnittstellen verkörpert werden können.
Dem Gebrauch von Datenbanken und von den in ihnen versammelten Infor-
mationen wird sich im Folgenden auf drei Ebenen zugewandt. Zunächst wird die
Operationsweise der Datenbank als latente Infrastruktur betrachtet. Im zweiten Teil
wird das Finden des Einen im Vielen thematisiert, bevor im abschließenden dritten
Teil die Auswertung des Vielen beleuchtet wird, d.h. die Analyse von Informations-
sammlungen mit dem Ziel, neue Informationen zu entdecken.
Fungieren Datenbanken als latente Infrastrukturen, bleiben diese als Daten-
bank für die Nutzer zumeist unsichtbar. Jedoch schreiben sie sich aus der ver-
borgenen Tiefe des Computers heraus an der Oberfläche ein und beeinflussen die
Weisen des Umgangs mit digitalen Medienobjekten. Ihre mediale Logik zeigt sich
mittelbar in den medialen Praktiken mit digitalen Informationen, welche durch
Datenbanktechnologien ermöglicht werden. Bei der Suche nach Informationen in
Informationssammlungen und deren Auswertung zeigt sich die Datenbank dem-
gegenüber als Datenbank, aus der Informationen geschöpft werden können. Die
Benutzerschnittstelle dient als Projektionsfläche, auf der die Inhalte aus der Daten-
bank zur Erscheinung kommen und auf der die Informationspotenziale der Daten-
bank inszeniert werden. Sie strukturiert den Zugriff auf den Informationsbestand
und bedingt den Umgang mit diesen Informationen.
Unabhängig davon, ob Datenbanken in ihrem Gebrauch als Datenbank zur Er-
scheinung kommen oder nicht, lassen sich diese Gebrauchsformen digitaler Daten-
banken im Rahmen der von Luhmann vorgeschlagenen medialen Topologie des
Computers beschreiben. Datenbankinformationen erweisen sich als relativ auto-
nome (individuell adressierbare und vielfältig verarbeitbare) Entitäten, die losgelöst
von ihrer Erscheinungsform auf der Oberfläche in der Tiefe des Computers Bestand
haben. In Anlehnung an Heideggers Technikphilosophie können Datenbanken
demzufolge als Technologien beschrieben werden, die Informationen in einen
Informationsbestand transformieren (vgl. Heidegger 2000 [1953]: 20f.). Dieser
Bestand ist jedoch nur ein Potenzial, welches in verschiedenen medialen Praktiken
aktualisiert werden muss. Obwohl bereits In-Formation, dienen Datenbankinfor-
mationen als quasi-formloses Medium für Formbildung an der Oberfläche des
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242