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Phänomeno-Logik 287
und zu analysieren. Die durch das konzeptuelle Schema oder durch algorithmische
Auswertungsverfahren symbolisch geformten Informationen sind jedoch allenfalls
latente Informationen, die in der medialen Praxis symbolisch umgeformt, über-
formt, wenn nicht sogar verformt werden können. Diese Transformierbarkeit bzw.
Transformation bereits geformter Informationen gilt es medientheoretisch in den
Blick zu nehmen. Die auf die Unterscheidung von kulturell bedingten Formen der
Erkenntnis abzielende Philosophie symbolischer Formen stellt hierfür kein Vo-
kabular bereit.
Nutzer werden in der medialen Praxis mit Datenbanken nicht in einem Infor-
mationsraum situiert, sondern gegenüber einem kontingenten Interface platziert,
welches Datenbankinformationen auf eine gewisse Weise zur Darstellung bringt
und den Umgang mit diesen Informationen auf unterschiedliche Weise bedingt.
Dem gilt es im Folgenden nachzugehen, indem die Vielgestaltigkeit und der Fa-
cettenreichtum dieser medialen Praktiken aufgezeigt wird. Es geht hierbei um eine
analytische Beschreibung von zentralen Aspekten medienkultureller Entwick-
lungen sowie von Problemen, die mit der Datenbank als latenter Infrastruktur, dem
Finden des Einen im Vielen sowie der Auswertung des Vielen einhergehen. Den
größten Raum nimmt dabei der dritte Teil ein, da den Auswertungsmöglichkeiten
von Informationssammlungen in der aktuellen Debatte um Big Data große Auf-
merksamkeit geschenkt wird. Dennoch muss zugunsten der folgenden Überblicks-
darstellung eine detaillierte Analyse ausbleiben. In der Zusammenschau dieser
heterogenen Gebrauchsweisen wird jedoch deutlich, dass Datenbanken jeden Ver-
such der Zuschreibung einer einheitlichen Logik unterlaufen.
Die DatenbanK als latente inFrastruKtur
Der Default-Modus der Versammlung von respektive des Umgangs mit
Informationen in Datenbanken ist das Formular, welches als Eingabe-, Such- und
Ergebnismaske auf der Oberfläche erscheint.6 Das Formular dupliziert die Struktur
von Datenbankeinträgen, für deren serialisierte Speicherung und Verarbeitung
die Tabelle im relationalen Datenmodell als »conceptual representation« (Codd
1982: 111) dient. Es bringt die diskrete, diskontinuierliche, segmentierte Einheit
von Datensätzen zur Darstellung, welche Deleuze in Postskriptum über die Kon-
trollgesellschaften als »dividuelle Einheit« charakterisiert hat: »Die Individuen sind
›dividuell‹ geworden, und die Massen Stichproben, Daten, Märkte oder ›Banken‹«
(Deleuze 1993: 258).
Die Felder eines Formulars bilden adressierbare Einheiten, deren Bedeutung
oder Funktion formal durch die Benennung des Felds, d.h. durch ihre Legende be-
stimmt wird. In der Darstellungsform des Formulars kommen damit die Prinzipien
6 | Kulturhistorisch betrachtet dienten Formulare vor allem als Verwaltungs- und
Rationalisierungsinstrumente; siehe hierzu exemplarisch Becker (2008).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242