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Phänomeno-Logik 309
und technische Verfahren für die Erforschung »der globalen digitalen Kulturen«
(Manovich 2009: 221) nötig sind. Manovich nennt dieses Forschungsparadigma
Cultural Analytics (vgl. Manovich 2009; Yamaoka et al. 2011). Im Kontext der Digital
Humanities, deren Ursprünge bis in die 1940er Jahre zurückreichen, zirkulieren
heute unterschiedliche Bezeichnungen für diese Art der Forschung. Von Michel et al.
(2011) wurde die alternative Bezeichnung Culturomics vorgeschlagen. Die Autoren
des 2011 in Science erschienenen Artikels definieren das hierdurch bezeichnete For-
schungsfeld folgendermaßen: »Culturomics is the application of high-throughput
data collection and analysis to the study of human culture« (Michel et al. 2011:
181). Im Mittelpunkt sollen quantitative Analysemethoden stehen, da diese nach
Ansicht der Autoren zu präzisen Ergebnissen führen können.54 Darüber hinaus
wird die Notwendigkeit des Einsatzes computergestützter Auswertungsverfahren
damit begründet, dass die verfügbaren Informationsmengen die menschlichen
Kapazitäten bei Weitem überschreiten: »The corpus cannot be read by a human«
(Michel et al. 2011: 176).
Jenseits der Kulturwissenschaften zeichnen sich auch in den Natur-, Lebens- und
Sozialwissenschaften tiefgreifende Veränderungen hinsichtlich des Stellenwerts ab,
den die automatische Auswertung großer Informationssammlungen einnimmt. In
Reaktion hierauf proklamierte Chris Anderson (2008) in einem vielbeachteten, aber
auch höchstumstrittenen Artikel das Ende der Theorie, welche von der Suche nach
Korrelationen abgelöst werde:
»Petabytes allow us to say: ›Correlation is enough.‹ We can stop looking for models.
We can analyze the data without hypotheses about what it might show. We can
throw the numbers into the biggest computing clusters the world has ever seen
and let statistical algorithms find patterns where science cannot.« (Anderson 2008)
Gegenüber dem im Magazin Wired publizierten Artikel wurde viel Kritik geäußert.
Insbesondere Naturwissenschaftler wiesen in Reaktion auf Andersons Beitrag hin,
dass das Entdecken von Korrelationen in Daten die Formulierung von Theorien und
176,000 Farm Security Administration/Office of War Information photographs taken
between 1935 and 1944 digitized by Library of Congress« (Manovich 2011).
54 | Die Autoren des Culturomics-Beitrags haben ein szientistisches Wissenschafts-
verständnis, auf dessen Grundlage sie die vermeintlich ungenauen qualitativen
Methoden der Geistes- und Kulturwissenschaften diskreditieren. Ihres Erachtens
konnten sich präzise quantitative Methoden in diesem Bereich bislang nur nicht
etablieren, weil die verfügbare Datenbasis zu klein war: »Reading small collections of
carefully chosen works enables scholars to make powerful inferences about trends
in human thought. However, this approach rarely enables precise measurement of
the underlying phenomena. Attempts to introduce quantitative methods into the
study of culture have been hampered by the lack of suitable data« (Michel et al.
2011: 176).
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242