Seite - 310 - in Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Bild der Seite - 310 -
Text der Seite - 310 -
Digitale
Datenbanken310
Modellen nicht ersetzen könne, sondern diese allenfalls anzuleiten vermag. Es wird
jedoch nicht in Zweifel gezogen, dass sich die Forschungspraxis mit der Verfügbar-
keit und durch die Nutzbarmachung von stetig wachsenden Informationsbeständen
verändert (vgl. Bollier 2010: 4ff.; Norvig 2009). Diese Verschiebungen exakt zu be-
schreiben erweist sich jedoch als Herausforderung.
Das Erkunden von Datenbanken mit dem Ziel, neue Informationen zu finden,
verändert nicht nur die Wissenschaften, sondern auch die Wirtschaft und den
Journalismus. Der Erfolg vieler führender Internetunternehmen, wie z.B. Facebook,
Amazon, Google etc., basiert nach Ansicht von Mike Loukides zu einem Großteil
auf der Sammlung und Auswertung von Information, wobei diese Unternehmen
Daten auch dafür nutzen, Produkte aus Daten zu kreieren: »A data application
acquires its value from the data itself, and creates more data as a result. It’s not just
an application with data; it’s a data product« (Loukides 2010: 1). Ausgehend von
dieser Beobachtung skizziert Loukides die Konturen einer Data Science, welche die
Erstellung von ökonomisch verwertbaren Daten-Produkten unterstützen könne.
Der computergestützten Versammlung, Aufbereitung, Analyse und Veröffent-
lichung von Informationsbeständen kommt in den vergangenen Jahren auch im
Bereich des (Online-)Journalismus eine wachsende Bedeutung zu. Für diese Ent-
wicklung stehen Begriffe wie Database Journalism, Data-driven Journalism und
Datenjournalismus.55 Dabei ist der Einsatz von Computertechnologien bei der
journalistischen Auswertung von Informationsbeständen keineswegs neu. Bereits
seit Ende der 1960er Jahre kommen derartige Verfahren zum Einsatz (vgl. Meyer
2002: 192ff.). Als Bezeichnung war hierfür der Begriff des »computer-assisted
reporting« (Meyer 2002: 79) gebräuchlich, ein Begriff, der in der Zeit der Mainf-
rame-Computer geprägt wurde, mit Verbreitung des Personal Computers in den
1980er Jahren jedoch zunehmend an Schärfe und Aussagekraft verloren hat.56
Ungeachtet der Frage, ob bzw. inwiefern der Datenjournalismus eine gänzlich
neue Form der journalistischen Praxis darstellt, lassen sich spätestens seit 2009 Ent-
wicklungen beobachten, die auf eine Konjunktur des Datenjournalismus hinweisen.
Dies zeigt sich in den Bemühungen von national und international renommierten
Tages- und Wochenzeitungen, datenjournalistische Formate in ihre Angebote zu
integrieren.57 Vorreiter hierfür waren vor allem die Tageszeitungen The Guardian
55 | Obwohl es viele Berührungspunkte und Überlappungen gibt, sind die Begriffe
Database Journalism und Data-driven Journalism nicht gleichzusetzen. Der Fokus
liegt hier vor allem auf dem Data-driven Journalism. Zum Database Journalism siehe
exemplarisch Holovaty (2006).
56 | In der 2002 erschienenen vierten Auflage von Precision Journalism schreibt
Meyer: »In a world where almost everything is computer assisted, that no longer
means a lot« (Meyer 2002: 79). Die erste Auflage des Buchs ist bereits 1973 er-
schienen.
57 | Seit einigen Jahren unterhalten The New York Times, The Guardian, Die Zeit
sowie andere Tages- und Wochenzeitungen speziellen Datenblogs, auf denen über
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242