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Digitale Datenbanken - Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
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Digitale Datenbanken312 Informationsfluss von lokalen Gesundheitsbehörden zu regionalen, nationalen und internationalen Gesundheitsorganisationen wird vom GPHIN umgangen, indem es Seuchenfrüherkennung nicht durch die Untersuchung von Patienten, sondern durch die systematische Suche im World Wide Web betreibt (vgl. Mawudeku/Blench 2005: i9f.; Blench/Proulx 2005: 4f.).61 Seit 1999 beweist GPHIN, dass dem Mangel an offiziellen Gesundheitsinformationen der Überschuss an Informationen im Web produktiv gegenübergestellt werden kann. So warnte GPHIN bereits Ende 2002 vor einer ungewöhnlichen Atemwegskrankheit in China, mehrere Monate bevor die Weltgesundheitsorganisation eine offizielle SARS-Warnung herausgeben konnte (vgl. Blench/Proulx 2005: i8f.; Keller et al. 2009: 691). Bei GPHIN wusste man zwar nicht genau, um welche Krankheit es sich handelt, aber man wusste, dass etwas vor sich geht, was möglicherweise zu einem globalen Gesundheitsrisiko werden könnte. Mit GPHIN wurde eine Möglichkeit gefunden, durch die Auswertung von im Web publizierten Berichten besser zu verstehen, was gegenwärtig in der Welt vor sich geht.62 Im größeren Kontext der digitalen Medienkultur hat diese Errungenschaft jedoch auch ihre Kehrseite, welche besonders deutlich zutage tritt, wenn aus Informationssammlungen nicht nur neues Wissen über die Vergangenheit und Gegenwart abgeleitet werden soll, sondern auch über die Zukunft. Exemplarisch kann dies am versuchten Bombenanschlag auf eine Maschine der Northwest Air- lines am 25. Dezember 2009 verdeutlicht werden. An diesem Tag schmuggelte der damals 23-jährige Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab eine Bombe an Bord des Fluges NWA 253, die er kurz vor Erreichen des Zielflughafens Detroit detonieren lassen wollte (vgl. Delta Airlines 2009). Nur durch eine Fehlfunktion des Spreng- satzes und das Eingreifen von Crew und Passagieren scheiterte der Anschlag. Obwohl letztendlich vereitelt, sind die Ereignisse dieses Weihnachtstages dennoch von besonderer Signifikanz, da im Anschluss an das versuchte Attentat eine sicherheitspolitische Debatte losbrach, die vor allem um die Frage kreiste, wie es möglich war, dass Abdulmutallab überhaupt an Bord des Flugzeugs gelangen konnte (vgl. Lipton/Shane 2009). Vor allem die Geheimdienste standen in der Kritik. Nicht weil sie keine Informationen über die Verbindungen von Abdulmutallab zu bereits Eysenbach (2006) beschrieben, der derartige Analyseverfahren als Info- demiology bezeichnet. 61 | Das GPHIN-System kombiniert automatische Suchroutinen mit menschlicher Expertise. Gefundene Berichte werden technisch akkumuliert und von Experten evaluiert, bevor Warnungen über Gesundheitsrisiken herausgegeben werden (vgl. Mawudeku/Blench 2005: i9f.). Die Überprüfung der Warnungen auf ihre Richtigkeit obliegt wiederum dem Global Outbreak Alert & Response Network (GOARN) der WHO (vgl. Mykhalovskiy/Weir 2006: 43). 62 | Auch für sogenannte Echtzeitanalysen bietet Google Dienste an, die hier exem- plarisch genannt werden können: Google Trends (www.google.de/trends/) und Goo- gle Correlate (www.google.com/trends/ correlate); siehe hierzu Choi/Varian (2009) sowie Mohebbi et al. (2011).
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Digitale Datenbanken Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Titel
Digitale Datenbanken
Untertitel
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
Autor
Marcus Burkhardt
Verlag
transcript Verlag
Datum
2015
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-SA 4.0
ISBN
978-3-8394-3028-6
Abmessungen
14.7 x 22.4 cm
Seiten
392
Kategorie
Informatik

Inhaltsverzeichnis

  1. Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
  2. Die Frage nach den Medien 22
  3. Wann sind Medien? 33
  4. Über Medien reden: Medienepistemologie 58
  5. Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
  6. Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
  7. Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
  8. Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
  9. Was sind Datenbanken? 121
  10. Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
  11. Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
  12. Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
  13. Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
  14. Kommunikation mit Informationssammlungen 167
  15. Daten und Information: Begriffsklärung 187
  16. Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
  17. Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
  18. Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
  19. Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242
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