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Digitale
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die im externalisierten Gedankenexperiment durchgespielt werden können.69
Hierin liegt ihr Erkenntnispotenzial begründet.
Abb. 25: Beweis des Satz des Pythagoras
Quelle: Stjernfelt 2000: 369
Die aus Diagrammen ableitbaren Folgerungen sind Peirce zufolge deduktiv, d.h.
es sind notwendige Schlüsse, deren Wahrheit sich im Diagramm zeigt.70 Dies
unterscheidet Diagramme grundlegend von den beiden anderen Arten von Bild-
zeichen: »It is, therefore, a very extraordinary feature of Diagrams that they show,
– as literally show as a Percept shows the Perceptual Judgment to be true« (Peirce
1976: 318). Diagramme sind demzufolge Figurationen, an denen sich notwendiges
Denken vollziehen kann, weil sie die Konsequenzen der Schlussfolgerungen evident
vor Augen führen und dadurch deren Richtigkeit beweisen. Als Beispiel führt
der Diagrammatikforscher Frederik Stjernfelt die Möglichkeit an, den Satz des
Pythagoras zu beweisen, indem vier gleichförmige Dreiecke auf unterschiedliche
Weisen in einem Quadrat angeordnet werden. Aus dem Vergleich der Anordnung
der Dreiecke im linken und im rechten Quadrat wird deutlich, dass der Fläche von
c2 die Summe der Flächen von a2 und b2 entsprechen muss (vgl. Stjernfelt 2000:
369f.).
69 | Auch Stjernfelt spricht in diesem Zusammenhang von Gedankenexperimenten,
in denen sich diagrammatisches Denken vollzieht (vgl. 2000: 369f.). In diesem
Zusammenhang ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass dieses Denken Peirce
zufolge keine materialisierten Diagramme voraussetzt. Aus diesem Grund insis-
tieren Bauer und Ernst darauf, das Forschungsfeld der Diagrammatik nicht auf
Diagramme im engen Sinn von spezifischen verkörperten Bildzeichen zu begrenzen
(vgl. 2010: 20f.). Für die Auseinandersetzung mit Informationsvisualisierungen
ist hingegen die Möglichkeit der Externalisierung von Gedankenexperimenten von
zentraler Bedeutung. Derartige Experimente sind aus dem Kontext der Wahlbe-
richterstattung wohlbekannt. Die Sitzverteilung im Parlament wird zumeist als
Kreisdiagramm oder Halbkreisdiagramm dargestellt. Anhand dieser Diagramme
werden Parteienkonstellationen für mögliche Koalitionen durchgespielt.
70 | Dieser Aspekt ist von zentraler Bedeutung, wie Stjernfelt (2000: 369) und
Bauer/Ernst (2010: 65f.) in ihren Rekonstruktionen der peirceschen Diagrammatik
gleichermaßen herausstellen.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242