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Digitale
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auf Vollständigkeit zu erheben – die Notwendigkeit einer differenzierten und dif-
ferenzierenden Betrachtung unserer digitalen Medienkultur vor Augen führen.
Diese Notwendigkeit trat nicht zuletzt bei der Rekonstruktion der Genese der
Da
tenbankidee entlang verschiedener Modelle der Datenbankkommunikation
im Kapitel »Banken, Basen, Reservoirs« deutlich hervor. Wenn in der technisch
orientierten Medientheorie Shannons nachrichtentechnisches Kommunikations-
modell und das hierauf basierende Informationskonzept bislang das Denken über
den Computer als Medium anleitete, konnten die Grenzen dieser Perspektive
in Rekurs auf die Geschichte der Datenbankidee aufgezeigt werden.6 Anstatt
nach dem Wesen des Computermediums in immer tieferen Schichten der Tech-
nologie zu suchen, sind die verschiedenen, stets kontingenten Gebrauchsformen
des Computers in den Blick zu nehmen und daraufhin zu befragen, welche
Kommunikationsmodelle ihnen eingeschrieben sind und was in deren Kontext
Information konstituiert. Ebenso darf sich die medientheoretische Betrachtung von
Datenbanken nicht auf eine Analyse der Techno-Logik der Verwaltung und Ver-
arbeitung von Informationssammlungen beschränken. Vielmehr sind auch die me-
dialen Praktiken in den Blick zu nehmen, in denen Datenbanken operativ werden.
In diesem Zusammenhang wurde eine Differenzierung von Phänomeno-Logiken
digitaler Datenbanken vorgeschlagen. Auch diese ist keinesfalls umfassend. Jedoch
konnten durch die Betrachtung der Datenbank als latenter Infrastruktur sowie
von Verfahren der Suche nach dem Einen und der Auswertung des Vielen zentrale
Dimensionen des Datenbankgebrauchs freigelegt werden.
Dabei wurde ein weiteres Mal deutlich, dass Datenbankinformationen durch
ein hohes Maß an Anschlussfähigkeit gekennzeichnet sind. Die in der unsicht-
baren Tiefe des Computers gespeicherten Informationen erweisen sich quasi als
»formlose Formen«, die vielfältige Möglichkeiten der Selektion, Auswertung und
Präsentation an den Benutzeroberflächen unserer Computer eröffnen. Aus dieser
Flexibilität resultiert nicht zuletzt der große Stellenwert, der digitalen Datenbanken
in der zeitgenössischen Medienkultur zukommt. Die Grenzen des Informations-
bestands sowie die Grenzen der Auswertungs- und Handhabungsmöglichkeiten der
versammelten Informationen bleiben indes gemeinhin unsichtbar, sodass Daten-
banken allzu leicht als grenzenlose und unbedingte Informationsressourcen er-
scheinen können.
Wie wiederholt herausgestellt wurde, gilt es nicht nur die vielfältigen Techniken
der Verwaltung von digitalen Informationen sowie die unterschiedlichen Praktiken
des Datenbankgebrauchs zu beleuchten, sondern auch diese Entgrenzungstendenz
als Imaginäres digitaler Datenbanken zu beschreiben, welches sich in unsere Vor-
stellungen über und unseren Umgang mit Datenbanken einschreibt. Wie Norbert
6 | Für die technikzentrierte Medienforschung im Anschluss an Kittler ist der Rekurs
auf die nachrichtentechnische Informationstheorie Shannons zum Gemeinplatz ge-
worden. Er wird in diesem Theoriekontext als »technical father of modern media
culture« (Parikka 2011: 59) betrachtet.
Digitale Datenbanken
Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Titel
- Digitale Datenbanken
- Untertitel
- Eine Medientheorie im Zeitalter von Big Data
- Autor
- Marcus Burkhardt
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-SA 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3028-6
- Abmessungen
- 14.7 x 22.4 cm
- Seiten
- 392
- Kategorie
- Informatik
Inhaltsverzeichnis
- Medium: Zwischen Konstellationen und Konfigurationen 21
- Die Frage nach den Medien 22
- Wann sind Medien? 33
- Über Medien reden: Medienepistemologie 58
- Computer: Zwischen Oberfläche und Tiefe 73
- Phänomeno-Technische Konfigurationen 75
- Spielräume der computertechnischen Informationsvermittlung 95
- Datenbank: Zwischen digitalen Sammlungen und Sammlungstechnologien 117
- Was sind Datenbanken? 121
- Datenbanklogiken: Zur Datenbank als symbolischer Form 131
- Gegen die Datenbank als Prinzip: Mikrologiken der digitalen Datenhaltung 145
- Banken, Basen, Reservoirs: Information Storage and Retrieval 149
- Information: Zwischen begrifflicher Abstraktion und technischer Konkretion 150
- Kommunikation mit Informationssammlungen 167
- Daten und Information: Begriffsklärung 187
- Techno-Logik: Apparaturen, Architekturen, Verfahren 205
- Direct Access: Zur Festplatte als Herausforderung digitaler Datenbanken 206
- Datenbankmodelle: Architekturen für Datenunabhängigkeit 221
- Data + Access: Datenmodelle und Algorithmen 242