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iit-Themenband – Digitale Souveränität 89
Betriebsräte zwar grundsätzlich an der Ausgestaltung von betriebsinternen IT-Syste-
men mitwirken und die Beschäftigten vor technisch unterstützten Leistungs- und
Verhaltenskontrollen ihrer Arbeitgeber schützen, der kollektivrechtliche Rahmen
gerät aber aufgrund von Änderungen in der Arbeitsorganisation unter Druck (Wedde
und Spoo 2015). Deutlich wird dies beim Einsatz digitaler Assistenzsysteme und der
zunehmend betriebsübergreifenden Organisation von Wertschöpfungsprozessen in
der Industrie 4.0.
Im Falle digitaler Assistenzsysteme dürfen die im Arbeitsrahmen gewonnenen Daten
nach aktueller Rechtslage zwar zur Analyse von Qualifizierungsbedarfen und Ablei-
tung von Schulungsmaßnahmen verwendet werden, nicht jedoch für allgemeine
Verhaltens- und Leistungskontrollen. Weiterhin müssen die Arbeitenden ihre Über-
wachung in Assistenzsystemen in leicht wahrnehmbarer Weise erkennen können.
Eine Ortung von Beschäftigten darf im Arbeitsbereich etwa nur in Ausnahmefällen
permanent erfolgen. Jedoch konterkariert die Funktionsweise von digitalen Assis-
tenzsystemen, die eine kontinuierliche Erfassung benötigen, diesen Regelungsan-
satz. Schließlich müssen Assistenzsysteme nach dem aktuellen Stand der Technik
über 3D-Kameras oder Tiefensensoren kontinuierlich den Arbeitsbereich, Arbeitsab-
lauf und die Bewegungen eines Werkers in der Produktion erfassen, um diesen mit-
tels kontextsensitiver Hilfestellung zu entlasten.9
Zur gezielten Personalförderung darf ein Arbeitgeber erforderliche Fähigkeiten der
Beschäftigten (z. B. Fremdsprachenkenntnisse) analysieren. Zudem darf er andere
objektiv nachvollziehbare Parameter wie deren individuelle Arbeitsleistung zweckge-
bunden erfassen. Persönlichkeitsanalysen, die im Hintergrund stattfinden, ohne dass
ein Betroffener weiß, welche Bewertungsmaßstäbe angelegt werden (People Ana-
lytics), sind jedoch arbeitsrechtlich wie datenschutzrechtlich unzulässig. Die Vorgabe
ist dabei recht klar: „Menschen sollen wissen, was mit ihnen [und ihren Daten] pas-
siert.“ (Mansmann 2017, S. 78f.)
Datengetriebene Entscheidungen können zudem den Gleichbehandlungsgrundsatz
verletzen. Eine Ungleichbehandlung von Beschäftigten, etwa hinsichtlich der Bezah-
lung, ist nur akzeptabel, sofern sie sich nachvollziehbar an objektiven Leistungskrite-
rien orientiert. Algorithmische Entscheidungen basieren jedoch auf der Erkennung
abstrakter Muster und sind für die Betroffenen wenig transparent. Hier sind also
9 Siehe hierzu: BMBF-Forschungsprogramm „Technik zum Menschen bringen“ (Verfügbar
unter: www.technik-zum-menschen-bringen.de, zuletzt zugegriffen am 28.08.2017) und
BMWi-Technologieprogramm „Autonomik für Industrie 4.0“ (Verfügbar unter: www.
digitale-technologien.de/DT/Navigation/DE/Foerderprogramme/Autonomik_fuer_Industrie/
autonomik_fuer_industrie.html, zuletzt zugegriffen am 28.07.2017).
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien