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neue Regelwerke und Maßstäbe notwendig, um zu definieren, welche Maßnahmen
ethisch vertretbar und somit rechtlich zulässig sind. Allein die geltende Zustimmung
von Beschäftigten und eine Zweckbindung der gewonnenen Daten reichen dafür
nicht aus.
Den Analyseverfahren wird zudem die Fähigkeit zugeschrieben, menschliches Verhal-
ten potenziell vorhersehbar zu machen – und in der nächsten Stufe die Beschäftigten
sogar aktiv zu steuern, denn ein Arbeitgeber könnte „aus der Ferne und automati-
sierbar […] mit Informationsimpulsen direkt und im vielversprechendsten Augenblick
in den Prozess der individuellen Willensbildung“ (Roßnagel et al. 2016) eingreifen.
Die technischen Möglichkeiten bewegen sich dabei zwischen einer Unterstützung
bei der Entscheidungsfindung und Maschinen, die bereits algorithmisch und auf
Basis fortgeschrittener Verfahren künstlicher Intelligenz selbst die Entscheidungen
treffen und den Menschen entsprechend lenken. In diesem Raum realer und sich
andeutender Möglichkeiten besteht die Gefahr, dass der Verlust der Kontrolle über
die eigenständige Entscheidungsfindung unbemerkt geschieht.
Mit der Zunahme digital assistierter Arbeitsplätze finden sich die Beschäftigten also in
einer Arbeitsumgebung wieder, in der die Erfassung und Verarbeitung ihrer personen-
bezogenen Daten eine neue Dimension erreicht – entweder als Nebeneffekt, wenn
diese Techniken Arbeitsprozesse erleichtern, oder gezielt zum Zweck der Effizienzstei-
gerung. Ungeachtet der Potenziale für eine vollständige Automatisierung in bestimm-
ten Arbeitsbereichen, in denen auch die Anforderungen an den Arbeitnehmerdaten-
schutz zurückgehen, werden die Herausforderungen der informationellen Selbstbe-
stimmung für die weiterhin benötigten Beschäftigten komplexer, da diese in viel
größerem Ausmaß als bisher, entweder wissentlich oder unwissentlich, mit intelligen-
ten Systemen interagieren (Hornung und Hofmann 2015).
Dieser Effekt verstärkt sich noch, wenn Arbeit, Produktion und Dienstleistungen im
Zuge der digitalen Vernetzung verstärkt betriebsübergreifend organisiert werden. So
können intelligente Produktionssysteme, wenn sie standardisiert sind, über
Unternehmensgrenzen hinweg miteinander kommunizieren und Zustands- und
Prozessdaten austauschen. Mitarbeiter- und personenbezogene Daten finden somit
potenziell auch Verwendung in betriebsübergreifenden Wertschöpfungsnetzwerken,
die es den beteiligten Unternehmen erlauben, auf alle darin verfügbaren Informa-
tionen zurückzugreifen. Damit wird deutlich, dass die digitale Arbeitswelt das
Arbeitsrecht als gesellschaftsregelnde und gestaltende Instanz vor ganz neue, grund-
legende Herausforderungen stellt, die mit den Gegebenheiten in der klassischen
Industriegesellschaft nichts mehr gemein haben. So werden im Zuge der Digitalisie-
rung neue Arbeitsweisen (z. B. Crowd Working) möglich, die das bestehende Recht
kaum abbildet, da es sich vor allem auf traditionelle Arbeitsverhältnisse bezieht.
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien