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iit-Themenband – Digitale Souveränität 103
Mangelndes Vertrauen und seine Ursachen
Falschmeldungen in öffentlichen Berichterstattungen sind zwar kein exklusives Pro-
dukt des digitalen Zeitalters. Die Häufigkeit, mit der sie heutzutage auftreten, und
ihre inzwischen enorme Reichweite, die sie zu einem relevanten Faktor der öffentli-
chen Meinungsbildung werden lassen, sind es jedoch schon.
Seine Bedeutung verdankt dieses neue Phänomen den interessengeleiteten Fake
News vor allem sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter, in denen die Ver-
breitung von Informationen in Abhängigkeit von ihrer potenziellen Reichweite
erfolgt. Was zählt, sind Klicks und die mit ihnen verbundenen Werbeeinnahmen. Der
regulierende Charakter einer medialen Sorgfaltspflicht, wie sie sich im traditionellen
Pressewesen über einen langen Zeitraum hinweg herausbilden konnte, existiert hier
nicht. Dort, wo sich nach unzähligen Reproduktionen durch verschiedenste Formen
des Teilens unter den Mitgliedern in der sozialen Medienwelt sowieso nicht mehr
ohne enormen Rechercheaufwand nachvollziehen lässt, aus welcher Quelle eine
Nachricht stammt oder gar wie verlässlich diese Quelle ist, sind der Verbreitung soge-
nannter alternativer Fakten keine Hürden gesetzt.
In einer Welt, in der für den einzelnen Bürger immer undurchschaubarer wird, wel-
che Aussagen der Wahrheit entsprechen und welche Fantasieprodukte sind, ließe
sich annehmen, dass statistisch fundierte Aussagen eine willkommene Orientie-
rungshilfe wären. Stattdessen lässt sich jedoch nationenübergreifend ein mangeln-
des Vertrauen in Statistik feststellen – sei es in Hinblick auf die deutsche Inflationsrate
(Forsa-Umfrage im Auftrag des Stern-Magazins, Weber 2014), auf Angaben der bri-
tischen Regierung zur Zahl der im Land lebenden Immigranten (Umfrage von YouGov,
Rogers 2015) oder auf die gesamte staatliche Wirtschaftsstatistik der USA (vgl. Mar-
ketplace-Edison Research Poll, Ryssdal 2016). Dieser Befund mag in Anbetracht eines
steigenden Anteils ausgebildeter Akademiker, die durch ihr Studium in statistischen
Methoden geschult sind (vgl. Buschle und Hähnel 2016), zunächst paradox wirken,
ist bei genauerer Betrachtung jedoch nachvollziehbar.
Erstens können die Bürger auch in etablierten Medien zunehmende Ungenauigkei-
ten von Meinungsumfragen beobachten, die in der öffentlichen Wahrnehmung
einen prominenten Platz der Außendarstellung statistischer Analysen einnehmen.
Zwei prominente Beispiele aus dem Jahr 2016: Prognosen sahen bei der Abstim-
mung der britischen Bürger im Referendum zum sogenannten Brexit eine höhere
Wahrscheinlichkeit für einen Verbleib Großbritanniens in der EU, und Hillary Clinton
galt auch sehr spät im US-Wahlkampf noch als klare Favoritin. Beide Prognosen
stimmten nicht.
Zweitens nutzen Politiker statistische Ergebnisse oft auf fahrlässige Art und Weise.
Dass aus dem Kontext gerissene Zahlen als Beleg für nicht statistisch fundierte Mei-
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien