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104 3 Staat
nungen herhalten müssen, ist gerade im Wahlkampf keine Seltenheit, ebenso wenig
wie die eigenmächtige Umdeutung von Analyseergebnissen. Donald Trump hat
bewiesen, dass es möglich ist, sogar mit dem kontinuierlichen Gebrauch nachweis-
lich frei erfundener Zahlen US-Präsident zu werden. Dieser „numerische Nihilismus“,
wie ihn die Journalistin Catherine Rampell (2016) nennt, führt dazu, dass in der
Öffentlichkeit Zahlen kursieren, die widersprüchlich sind. Solche Widersprüche hin-
terlassen ratlose Wähler. In einer Studie von BritishFuture zum Thema Immigration
gaben Befragte beispielsweise an, dass verschiedene Parteien für entgegengesetzte
Positionen jeweils Fakten und Auswertungen präsentieren und die Wähler schlicht
nicht einschätzen können, welche Seite die validierten und näher an der Wahrheit
liegenden Auswertungen präsentiert.2
Statistische Berechnungen erhalten durch die genannten Fehleinschätzungen und
bisweilen widersprüchlichen Forschungsergebnisse den Eindruck der Beliebigkeit.
Hinzu kommt, dass auch Falschmeldungen häufig mit – erfundenen – statistischen
Parametern versehen sind. Und wie soll ein Nutzer bei viral verbreiteten und von
ihren Quellen entkoppelten Meldungen bewerten, ob die Daten, die ihm gerade
präsentiert werden, um eine Aussage zu be- oder widerlegen, zuverlässig sind? In
Anbetracht der Datenflut, die auf digitalem Weg entstehen kann, ist es verständlich,
dass eine angemessene Skepsis gegenüber zahlenmäßigen Aussagen ohne Quelle zu
einem allgemeinen Vertrauensverlust bis hin zu reflexartigem Misstrauen (vgl. Kat-
wala et al. 2014) gegenüber empirischen Befunden mutiert.
Mangelndes Vertrauen und seine Folgen
Die – tatsächliche wie wahrgenommene – Krise der Statistik und der daraus entste-
hende Vertrauensverlust in empirische Befunde produzieren zwei sich komplementär
zueinander verhaltende, folgenschwere Veränderungen im politischen Legitimations-
prozess:
1. Wenn der digital unmündige Bürger nicht mehr fähig ist, politische Entscheidun-
gen rational zu beurteilen, führt dies entweder dazu, dass er nicht mehr von sei-
ner Wahlmöglichkeit Gebrauch macht, oder aber dazu, dass er seine Wahl auf
andere Entscheidungshilfen stützt. Was noch bleibt, wenn sachliche Argumente
wegfallen, sind emotionale Erwägungen. Oder anders formuliert: Verstehe ich
nicht, wem ich folgen sollte, liegt es nahe, dem zu folgen, der mich zu verstehen
scheint.
2 „Both sides fire a lot of facts and figures at you, which they bandy around. Facts and
figures – in the end you believe what you want. They are both as convincing as each
other. That’s the problem. And you don’t know quite – well, I can’t make my mind up –
which side is being honest with these figures.” (Katwala et al. 2014, S. 27, herv. i. O.)
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien