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108 3 Staat
Wissen ist Macht. Es scheint jedoch, als besäße das Wissen über die Emotionen von
Menschen im digitalen Zeitalter mehr Machtpotenzial als das Wissen um gesell-
schaftliche Zusammenhänge. Intransparente Handhabung der Daten, die von eini-
gen wenigen globalen Unternehmen verwaltet werden, lässt nicht nur den Schutz
digital Unmündiger zunehmend unrealistisch erscheinen. Als Grundlage für den
Erfolg der machtpolitischen Strategie emotionaler Narrative bedroht Big Data den
gesamten Prozess rational begründeter Meinungsbildung.
Die Bedeutung von Daten in Gesellschaft und Demokratie
Die Verlagerung der Kontrolle über Bevölkerungsdaten aus dem öffentlichen Raum
in die kommerzielle Handhabung ist ein Prozess, der sich in Europa historisch bis zu
den ersten Hochrechnungen demografischer Daten im 17. Jahrhundert, noch voll-
ständig unter nationalstaatlicher Kontrolle, zurückverfolgen lässt (vgl. Davies 2017).
Nicht nur diese Pfadabhängigkeit lässt vermuten, dass die rechtliche Regulierung von
Datenerfassung und -nutzung alleine eine wenig erfolgversprechende Strategie im
Kampf um die Verteidigung demokratischer Prinzipien darstellt. Vielmehr gilt es,
erneut dort zu beginnen, wo bereits Bacon und seine Mitstreiter ansetzten: an der
Vernunft der Bürger. Es bedarf eines Zeitalters der digitalen Aufklärung.
Der beschriebene Vertrauensverlust ist es, der korrigiert werden muss. Er ist fatal im
Prozess der digital getriebenen Entdemokratisierung: Aus Big Data abgeleitete emoti-
onal wirksame Narrative verlieren auch im Angesicht valider, statistisch fundierter
Befunde, die sie widerlegen, nicht an Überzeugungskraft, wenn niemand an deren
Zuverlässigkeit glaubt. Wissenschaftliche Erkenntnis und die Möglichkeit, mit ihrer
Hilfe zu argumentieren, können im politischen Prozess nur dann wieder an Bedeutung
gewinnen, wenn die Wähler bereit und in der Lage sind, sogenannte alternative von
echten Fakten zu unterscheiden. Eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung
dafür ist, die Verbreitung von Fake News einzudämmen. Darüber hinaus muss es aber
auch gelingen, den Imageschaden statistischer Analysen in der öffent
lichen Wahrneh-
mung zu reparieren und die Meinungsforschung aus ihrer Krise zu befreien. Es stellt
sich demnach die Frage: Wie können das Vertrauen in empirische Evidenz wieder
gestärkt und die Macht Big-Data-basierter Narrative beschränkt werden?
Die Grenzen klassischer statistischer Verfahren
Dazu gilt es zunächst einmal, sich der Ursachen der Fehlprognosen bewusst zu wer-
den, die das Image statistischer Analyse in der Öffentlichkeit beschädigt haben:
Warum lagen die Prognosen der Meinungsforscher sowohl bei der US-Wahl als auch
bei der Abstimmung über den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union so
deutlich neben den tatsächlichen Ergebnissen? Mehrere Gründe sind hier zu nennen:
Trump beispielsweise ist es gelungen, in bedeutendem Umfang Wählergruppen zu
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien