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112 3 Staat
scheidungen auf empirischer Evidenz basieren. Wenn den Menschen etwa bei Wahl-
prognosen klargemacht wird, dass diese auf Hochrechnungen mit Standardfehlern
und Varianzen beruhen und dass letztgenannte statistische Maße den vorausgesag-
ten Abstand zwischen Kandidaten übersteigen, gewinnen sie womöglich das Ver-
trauen in Hochrechnungen wieder zurück.
Um das Potenzial von Big Data ausschöpfen zu können, muss zudem die Methoden-
entwicklung und -ausbildung der Wissenschaftler mit der Digitalisierung Schritt hal-
ten. Neue Auswertungsmethoden müssen den Eigenschaften von Big Data gerecht
werden: Der enorme Umfang an Daten, die nötige Geschwindigkeit bei der Auswer-
tung und die Vielfalt der Datenstrukturen erschweren eine sinnvolle Anwendung
klassischer statistischer Verfahren auf Big Data. Potenzielle Probleme sind Heteroge-
nität bei Datenerhebungen, akkumulierte Stichprobenfehler und Scheinkorrelatio-
nen in der Auswertung sowie möglicherweise falsche Annahmen von Exogenität, die
Auswertungen zugrunde gelegt werden. Demzufolge müssen weitere Big-Data-Ver-
fahren in der Methodenlehre Aufnahme finden, um hohen wissenschaftlichen
Ansprüchen in der Datenauswertung gerecht zu werden (vgl. Mahrt 2015).
Eine Hinwendung zu Big Data ist für die Wissenschaft über die Möglichkeit des
Erkenntnisgewinns hinaus von zentraler Bedeutung. Sie ist außerdem eine notwen-
dige Bedingung, um den gemeinschaftlichen Charakter wissenschaftlicher Forschung
zu bewahren, denn die Alternative zu einer generellen Öffnung der Wissenschaft
gegenüber Big Data ist eine Trennlinie zwischen wenigen Forschenden mit privile-
giertem Zugang zu privaten Datensätzen und der digital abgehängten Masse („new
kind of digital divide“, Boyd und Crawford 2011, S. 13). Der Staat sollte eine solche
Neuausrichtung in eigenem Interesse unterstützen.
Fazit und Ausblick
Momentan verfügen vor allem privatwirtschaftliche, gewinnorientierte Unterneh-
men über riesige Datensätze, aus denen sich Einstellungen von Nutzern auslesen
lassen. Mit diesen Daten können emotionale Anknüpfungspunkte innerhalb von
Bevölkerungsgruppen ermittelt werden. In emotional wirkende Erzählungen über-
setzt, bieten diese Informationen die Möglichkeit, verunsicherte Wähler auch ohne
Aussagen mit Wahrheitsgehalt zu mobilisieren, weil sie das Vertrauen in statistische
Analyseergebnisse durch Fake News und fehlerhaften Meinungsprognosen zuneh-
mend verlieren.
Die Datenkompetenzen der Menschen sind der Dreh- und Angelpunkt: Sind Bürger
und Wähler nicht mehr in der Lage zu beurteilen, welche Daten valide und welche
Analyseergebnisse wahr sind, sind Fakten auch nicht mehr relevant für ihre Beurtei-
lung des politischen Legitimationsprozesses.
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien