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iit-Themenband – Digitale Souveränität 113
Dass Wähler allerdings selbst beurteilen könnten, welche der ihnen präsentierten Daten
valide sind und welche Zahlen in welchem Maße reale Verhältnisse widerspiegeln, ist in
funktional differenzierten Wissensgesellschaften nicht vorstellbar. Zu komplex sind die
sozialen Zusammenhänge, die erfasst und ausgewertet werden, zu kompliziert die
Erhebungs- und Auswertungsmethoden aussagekräftiger empirischer Studien. Es ist
aber auch nicht notwendig, denn schließlich sind Wissenschaftler für diese Arbeit
zuständig, auf die die übrigen Bürger ihre Datenkompetenzen im übertragenen Sinne
auslagern können. Dafür ist jedoch Vertrauen nötig. Vertrauen in wissenschaftlich
generierte Analyseergebnisse und Vertrauen, das momentan nicht vorhanden scheint.
Dieses Vertrauen wiederherzustellen ist außerordentlich wichtig, um den bereits ent-
standenen Schaden am politischen Legitimationsprozess zu reparieren und künftigen
Schaden einzudämmen. Dazu muss aber offen gesagt werden, dass statistische
Methoden bei bestimmten Fragestellungen an ihre Grenzen gelangt sind. Insbeson-
dere Wissenschaftler, Meinungsforscher und Analysten sind hier in der Pflicht, zum
einen die Ergebnisse von klassisch generierten Wahlprognosen als das darzustellen,
was sie sind: Auf bestimmten Annahmen beruhende Verallgemeinerungen, die nur
dann zutreffen, wenn diese Annahmen sich als korrekt erweisen. Diese Annahmen
zusammen mit den Prognoseergebnissen transparent zu kommunizieren, wäre darü-
ber hinaus hilfreich. Zum anderen müssen Wissenschaftler, Meinungsforscher und
Analysten ihre Datenkompetenzen auch weiterentwickeln. Statistische Methoden
müssen der Komplexität der Welt wieder gerecht werden und dabei gezielt die breite
Streuung von Lebensverhältnissen und -stilen stärker in den Fokus nehmen, um eine
zunehmende Abweichung von durchschnittlichen, leicht zu kategorisierenden Stan-
dards erfassen zu können.
Die zunehmende Verknüpfung immer mehr personenbezogener Daten lässt sich
nicht aufhalten. Für welche Zwecke und auf welche Weise solche Daten unter privat-
wirtschaftlicher Kontrolle verwendet werden, wird sich alleine aufgrund ihrer schie-
ren Masse künftig kaum noch wirksam kontrollieren und deshalb auch nicht sinnvoll
reglementieren lassen. Statt aber einem intransparenten, häufig theorielosen
Umgang mit solchen Daten das Feld zu überlassen und Big Data grundsätzlich abzu-
lehnen, sollten insbesondere Wissenschaftler die Chance wahrnehmen, selbst
Erkenntnisse aus Big Data zu gewinnen.5
5 Intuitiv mag sich an dieser Stelle die Problematik des Datenschutzes als potenzieller Hinde-
rungsgrund aufdrängen. Es sollte jedoch bedacht werden, dass die Wissenschaft sowohl eher
in der Lage sein wird, einen datenschutzwürdigen Umgang mit Big Data zu entwickeln (ggf.
unter Weiterentwicklung der bisherigen Vorstellungen von Datenschutz, die einer digitalisier-
ten Welt unter Umständen nicht mehr gerecht werden), als auch einen solchen Umgang
gewissenhafter zu praktizieren als dies im privatwirtschaftlichen Rahmen zu erwarten ist.
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien