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iit-Themenband – Digitale Souveränität 119
Doch schon vor zwanzig Jahren zeichnete sich ab, dass der Fokus auf die Potenziale
des Internets wirtschaftliche Akteure einschließen müsste – insbesondere transnatio-
nale Unternehmen –, deren Einfluss entweder durch die Produktion von Hardware,
Software oder die Bereitstellung von Dienstleistungen nicht nur im Internet, sondern
allgemein im Digitalisierungsprozess wuchs. Und nicht zuletzt fehlten diesen frühen
Diskussionen über staatliche Souveränität und Digitalisierung die Erfahrungen, die
man nach dem 11. September 2001 machte, nach der Finanzkrise der 2000er Jahre
oder den Enthüllungen von Edward Snowden im Jahr 2013, die in dieser Frage wohl
als einschneidendstes Ereignis gelten können. Dennoch deutete sich bereits damals
an, dass Globalisierung und Digitalisierung herkömmliche Strukturen und zugehö-
rige Denkformen herausfordern, die staatliche Souveränität im herkömmlichen Sinne
grundsätzlich in Frage stellen:
„Neue transnationale Regime und Institutionen schaffen Systeme, die die
Ansprüche bestimmter Akteure (Aktiengesellschaften und große multinatio-
nale Firmen) stärken und entsprechend die Position kleinerer Akteure und
Staaten schwächen.“ (Sassen 1998, S. 555)6
Erkennbar wird, dass nicht nur die Chiffre der digitalen Souveränität einer weiteren
Differenzierung bedarf, sondern insbesondere in der Diskussion über nationale bzw.
staatliche Souveränität ein genauerer Blick erforderlich ist. Anders formuliert: Die
digitale Souveränität eines Individuums hat andere Voraussetzungen und ist anderen
Bedrohungen ausgesetzt als etwa die digitale Souveränität eines Unternehmens oder
eines Staates. Insbesondere mit Blick auf die digitale Souveränität liberaler Staaten ist
es erforderlich, deren Verhältnis zu seinen Bürgern zu klären, die – als Gesamtheit –
in Staaten dieses Typs der Souverän sind.
Vor diesem Hintergrund schlagen wir in diesem Beitrag eine Kombination einzelner
Elemente und eine Ergänzung der oben skizzierten Modelle vor: Die Darstellung
unterschiedlicher Sphären digitaler Souveränität als Kreise, im Sinne des Modells von
Gueham, erscheint in besonderer Weise geeignet, um Konflikte in den entsprechen-
den Überschneidungsfeldern zu verorten, die Ausgangspunkt für Veränderungen
sein können. Grundsätzlich erscheint auch der Aspekt einer Hierarchisierung wie bei
Lepping und Palzkill geeignet, um ein asymmetrisches Machtverhältnis verschiedener
Akteure abbilden zu können. Gegenüber dem Modell von Gueham erscheint es
jedoch sinnvoll, einen eigenen Kreis für Akteure oberhalb der nationalen Ebene vor-
zusehen, wozu sowohl internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen
6 Zitat im englischen Original: „New transnational regimes and institutions are creating
systems that strengthen the claims of certain actors (corporations and large multinational
legal firms) and correspondingly weaken the position of smaller players and states.”
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien