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130 3 Staat
Mausspiel zwischen nach Nischen spähenden Nutzern des Internets und dem kont-
rollierenden Staat.
Chinas Beispiel macht also zunächst deutlich, dass der Schutz staatlicher digitaler
Souveränität in manchen Staatsystemen auch nach innen gerichtet sein kann. Doch
natürlich sind ausländische Einflüsse auf diese Weise ebenfalls reduzierbar oder
zumindest besser kontrollierbar. Auch ausländische Internetseiten, auf denen Medien
negative Berichterstattung über China liefern, wie etwa die New York Times zu Chi-
nas Verwicklung in den Panama-Paper-Skandal (vgl. Forsythe und Ramzy 2016), wer-
den zum Ziel von Attacken und je nach Anlass für kürzere oder längere Zeit gesperrt.
Das harte Vorgehen wird in China vereinfacht durch die staatlicherseits leicht zugäng-
lichen Suchmaschinen und sozialen Medien inländischer Bauart (Baidu, WeChat,
Weibo etc.), nachdem man sich in der Volksrepublik schon vor Jahren der US-ameri-
kanischen Originale (Google, Facebook, Twitter etc.) entledigt hat (z. B. Gracie 2014).
Dies leitet über zu der anderen, ebenfalls bemerkenswerten Seite der Situation in
China: Die staatlich über Subventionen und Regularien intensiv geförderte IT-Branche
des Landes ist nicht nur Mittel zur politisch-ideologischen Wahrung nationaler Inte-
grität (vgl. Cai und Kwong 2016). China hat Informationstechnologien bereits um die
Jahrtausendwende innerhalb der allgemeinen Wirtschaftsstrategien hoch auf die
nationale Entwicklungsagenda gesetzt (vgl. Christmann-Budian 2012), denn diese
Entwicklung passt zu vielen anderen nationalen Zielen: Sie unterstützt zunächst seine
Überholstrategie („leap frog strategy“) im Wettbewerb mit den etablierten Industrie-
nationen. Die Digitalisierung ist auch bei der Umstellung auf eine nachhaltige, eigene
Innovationen (zizhu chuangxin) fördernde Wirtschaftspolitik und Chinas Aufstieg
von der verlängerten Werkbank der Industrieländer eine große Hilfe (Medium Long
Term Plan 2005, 12th Five Year Plan for the Strategic Emerging Industries; vgl. Tag-
scherer und Christmann-Budian 2013). Die Digitalisierungstechnologien können in
diesem Zusammenhang zu einer eigenständigen profitablen Ausnutzung des riesi-
gen Binnenmarktes beitragen. Den inländischen Markt kennt man in China im Übri-
gen auch in Sachen IT besser als die ausländische Konkurrenz – deren Zutritt man mit
staatlichen Hebeln zudem erschweren kann. Omnipräsentes Beispiel und mittlerweile
einer der größten weltweiten Player ist das Unternehmen Alibaba. Alibaba betreibt
de facto, entgegen weit verbreiteter Vorstellungen, nicht nur E-Commerce, sondern
ist vielmehr ein komplexes Konglomerat, das von der ursprünglichen Handelsplatt-
form in diversen Variationen über Online-Finanztransaktionen (Alipay) bis hin zu
Logistik (cainiao.com) eine große Bandbreite von Produkten und Dienstleistungen
abdeckt (vgl. Fritz 2017).
Um die skizzierte Doppelstrategie von Zensur und Protektion der lokalen Internetin-
dustrie gegenüber der internationalen Kritik zu legitimieren, ruft Chinas Regierung
unter Präsident Xi Jinping in der jüngeren Zeit, z. B. 2016 im Rahmen der großzügig
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien