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den Bürger die Abgründe mehr als erahnen lassen. Vorstöße in jüngerer Zeit – wie
jene zur Abschaffung des Bargelds oder zur verpflichtenden Durchsetzung des elek-
tronischen Passes – haben in der deutschen Öffentlichkeit zum Teil vehemente
Widerstände hervorgerufen und dürften eher das Gefühl der Bürger bestärkt haben,
dass ihre digitale Souveränität gegenüber jener des Staates oder der Wirtschaft als
nachranging angesehen wird. Das auf internationaler Ebene so vielfältig themati-
sierte schwindende Vertrauen in den Prozess der Digitalisierung allgemein und die
Nutzung einzelner Dienstleistungen wird so nur schwerlich zurückzugewinnen sein.
Ausblick
Was bedeutet nun digitale Souveränität aus der Sicht von internationalen Organisa-
tionen, Staatengemeinschaften und einzelnen Ländern? Es gibt viele Gemeinsamkei-
ten: Die Potenziale der Digitalisierung – nicht nur des Internets – für die wirtschaftli-
che und soziale Entwicklung sind unbestritten. Doch zusammen mit dem rasanten
technologischen Fortschritt, dem zunehmenden Zwang, auf Technologie und digitale
Dienstleistungen vertrauen zu müssen, wächst zugleich das Bewusstsein der Abhän-
gigkeit und Verletzbarkeit. Und es gibt noch eine Gemeinsamkeit aller Akteure, die
sie zugleich verbindet und gegeneinander positioniert – die Vorstellung, dass die
gleichen Normen, Prinzipien und Werte, die in den jeweiligen Ländern offline gelten,
auch online angewendet werden sollten. Während die EU in ihrer Cybersecurity Stra-
tegie Offenheit und Freiheit im Netz als zentrale Prinzipien hervorhebt, die sie auch
online zur Geltung bringen will (vgl. Europäische Kommission 2013), realisiert China
einen nationalen Cyberspace, der den Normen und eher hermetischen Prinzipien
folgt, die das Land auch offline zur Geltung bringt.
Der Kontrast zwischen der EU und China ist nur ein Beispiel für die zunehmende
Fragmentierung eines ohnehin nicht einheitlichen Internets. Und die Auseinanderset-
zung um Sicherheitsrisiken und spezifische, nationale Interessen ist längst im Gange:
Auch innerhalb des westlichen Blocks herrscht nicht uneingeschränkte Einigkeit. Bei-
spielhaft ist bei uns der fortdauernde Konflikt mit Facebook über den Umgang mit in
Deutschland strafrechtlich relevanten Beiträgen, etwa rechter Propaganda oder auch
der Darstellung von Nacktheit.
Im E-Commerce und insbesondere im E-Service kollidieren oft anhand der Aktivitäten
transnational agierender Unternehmen auch unterschiedliche Rechtssysteme. Und
schließlich besteht auch in vielen europäischen Ländern ein gewisses Misstrauen
gegenüber anderen westlichen Ländern, in denen etwa die zentralen Knotenpunkte
des Internets verwaltet werden, an denen potenziell Daten abgegriffen werden kön-
nen. Auch liberale Staaten oder Staatengemeinschaften haben vor diesem Hinter-
grund den Bedarf der Ausweitung ihrer Schutzfunktionen erkannt und stoßen im
Zuge des Umdenkens an die Grenzen der Grenzenlosigkeit des digitalen Raums. Die
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien