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178 Ausblick
Wissenschaftler beobachten zudem eine Abnahme kognitiver Fähigkeiten, ausgelöst
durch die Allgegenwart von Informations- und Kommunikationstechnologien. So
nimmt etwa die Orientierungsfähigkeit bei intensiver Nutzung eines Navigationssys-
tems spürbar ab. Auch die Fähigkeit des Kopfrechnens schwindet durch den
Gebrauch von Taschenrechnern. Und wichtige historische Ereignisse werden heute
eher „gegoogelt“ als gewusst.
Doch damit nicht genug. Neue Technologien wie Social Bots sind beispielsweis in der
Lage, die Menschen in ihren Wahl- und Kaufentscheidungen zu beeinflussen. Zu
unterscheiden sind professionelle Chatbots nur noch dann von einem Menschen,
wenn Ironie und Sarkasmus eingesetzt werden. Und auch das wird sich in Zukunft
vermutlich ändern.
Selbst Datenschutz und Privatsphäre – wichtige Eckpfeiler liberaler Gesellschaften –
werden künftig auch bei digitaler Medien-Abstinenz nicht mehr gegeben sein. Eine
Vielzahl von Umweltsensoren, wie Videokameras und deren Verknüpfung mit Daten-
analyse-Systemen, können das Verhalten jedes Menschen dokumentieren und
bewerten.
Im Arbeitsleben lässt die Digitalisierung die klassischen Berufsbilder erodieren. Waren
es in der Vergangenheit einfache Tätigkeiten, die von Maschinen sukzessive über-
nommen wurden, sind es künftig auch die Fähigkeiten hochbezahlter Spezialisten:
Schon heute sind die in der medizinischen Analyse und Diagnostik eingesetzten digi-
talen Assistenzsysteme und Mustererkennungen schneller und genauer in ihrer Diag-
nose. Längst können Maschinen juristische Texte wie Gesetze und Urteile wesentlich
schneller, umfassender und preiswerter durchsuchen und analysieren als ein hervorra-
gend ausgebildeter Jurist. In vielen Fällen ist auch der digitale Finanzanalyst schon der
bessere Anlageberater. Makler für Immobilien und Finanzprodukte werden künftig
überflüssig durch intelligente, digitale Verträge, sogenannte „Smart Contracts“.
Die binnen einer Generation wahrnehmbaren und sich gegenwärtig rasant beschleu-
nigenden Veränderungen verunsichern viele Menschen nicht nur zutiefst. Sie sind
gleichsam der perfekte Nährboden für Dystopien, in denen kommende Generatio-
nen zu dumpfen Konsumenten generieren – und zur Gewinnmaximierung ergo
zum Machterhalt einiger weniger herhalten. Selbst der gebildeten Schicht kann in
dieser neuen Welt ein freier Wille und ihre Entscheidungsfreiheit erfolgreich vor-
gegaukelt werden. Wen mag es da verwundern, wenn in heutigen politischen und
gesellschaftlichen Diskussionen die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens
en vogue ist und marxistische Ideen vom Ende des Kapitalismus eine Renaissance
erfahren? Wie wird unser Leben aussehen, wenn die Digitalisierung Produktion
und Märkte komplett optimiert hat? Und welche Rolle spielt dabei die Tatsache,
dass die Mittel für Wirtschaftswachstum auf der Erde auf natürliche Weise limitiert
sind?
Digitale Souveränität
Bürger | Unternehmen | Staat
- Titel
- Digitale Souveränität
- Untertitel
- Bürger | Unternehmen | Staat
- Herausgeber
- Volker Wittpahl
- Verlag
- Springer Vieweg
- Ort
- Wiesbaden
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-55796-9
- Abmessungen
- 16.8 x 24.0 cm
- Seiten
- 196
- Schlagwörter
- Digitales Lernen, Datenaufbereitung, Industrie 4.0, Breitbandausbau, Echtzeitvernetzung, Wertschöpfung und Arbeitsmarkt, Gesellschaftlicher Wandel, Digitale Geschäftsmodelle, Arbeitswelt 4.0
- Kategorie
- Medien