Page - 28 - in Amerika
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Drei Könige, dem AufglÀnzen des Sternes und dem befangenen Leben im
heiligen Stall. Und immer war es ihm erschienen, als ob die Mutter, die hinter
ihm stand, nicht genau genug alle Ereignisse verfolge; er hatte sie zu sich
hingezogen, bis er sie an seinem RĂŒcken fĂŒhlte, und hatte ihr so lange mit
lauten Ausrufen verborgenere Erscheinungen gezeigt, vielleicht ein HĂ€schen,
das vorn im Gras abwechselnd MĂ€nnchen machte und sich dann wieder zum
Lauf bereitete, bis die Mutter ihm den Mund zuhielt und wahrscheinlich in
ihre frĂŒhere Unachtsamkeit verfiel. Der Tisch war freilich nicht dazu
gemacht, nur an solche Dinge zu erinnern, aber in der Geschichte der
Erfindungen bestand wohl ein Àhnlich undeutlicher Zusammenhang wie in
Karls Erinnerungen. Der Onkel war zum Unterschied von Karl mit diesem
Schreibtisch durchaus nicht einverstanden, nur hatte er eben fĂŒr Karl einen
ordentlichen Schreibtisch kaufen wollen, und solche Schreibtische waren jetzt
sÀmtlich mit dieser Neueinrichtung versehen, deren Vorzug auch darin
bestand, bei Ă€lteren Schreibtischen ohne groĂe Kosten angebracht werden zu
können. Immerhin unterlieà der Onkel nicht, Karl zu raten, den Regulator
möglichst gar nicht zu verwenden; um die Wirkung des Rates zu verstÀrken,
behauptete der Onkel, die Maschinerie sei sehr empfindlich, leicht zu
verderben und die Wiederherstellung sehr kostspielig. Es war nicht schwer
einzusehen, daĂ solche Bemerkungen nur AusflĂŒchte waren, wenn man sich
auch andererseits sagen muĂte, daĂ der Regulator sehr leicht zu fixieren war,
was der Onkel jedoch nicht tat.
In den ersten Tagen, an denen selbstverstÀndlich zwischen Karl und dem
Onkel hÀufigere Aussprachen stattgefunden hatten, hatte Karl auch erzÀhlt,
daĂ er zu Hause zwar wenig, aber gern Klavier gespielt habe, was er
allerdings lediglich mit den Anfangskenntnissen hatte bestreiten können, die
ihm die Mutter beigebracht hatte. Karl war sich dessen wohl bewuĂt, daĂ eine
solche ErzÀhlung gleichzeitig die Bitte um ein Klavier war, aber er hatte sich
schon genĂŒgend umgesehen, um zu wissen, daĂ der Onkel auf keine Weise zu
sparen brauchte. Trotzdem wurde ihm diese Bitte nicht gleich gewÀhrt, aber
etwa acht Tage spÀter sagte der Onkel, fast in der Form eines widerwilligen
EingestÀndnisses, das Klavier sei eben angelangt und Karl könne, wenn er
wolle, den Transport ĂŒberwachen. Das war allerdings eine leichte Arbeit, aber
dabei nicht einmal viel leichter als der Transport selbst, denn im Haus war ein
eigener Möbelaufzug, in welchem ohne GedrÀnge ein ganzer Möbelwagen
Platz finden konnte, und in diesem Aufzug schwebte auch das Piano zu Karls
Zimmer hinauf. Karl selbst hÀtte zwar in dem gleichen Aufzug mit dem Piano
und den Transportarbeitern fahren können, aber da gleich daneben ein
Personenaufzug zur BenĂŒtzung freistand, fuhr er in diesem, hielt sich mittels
eines Hebels stets in gleicher Höhe mit dem anderen Aufzug und betrachtete
unverwandt durch die GlaswÀnde das schöne Instrument, das jetzt sein
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Amerika
- Title
- Amerika
- Author
- Franz Kafka
- Date
- 1927
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 212
- Keywords
- Der Verschollene, Literatur, Schriftsteller, ErzÀhlung
- Categories
- Weiteres Belletristik