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1921
1241.Bahr:Tagebuch. 1. Januar[1921], 16.1.1921
Berchtesgaden, 1. Januar. Heuer werden’s vierzig Jahre, seit
ich maturierte, vierzig Jahre, daß ich für Zeitungen schreib’ (in
den »Salzburger Nachrichten« begann ich, fuhr im »Salzburger
Volksblatt« fort und geriet dann in die »Deutsche Zeitung«, deren
5 Feuilleton damals Mamroth redigierte), vierzig Jahre, daß ich nach
Wien an die Universität kam, von der ich dann im dritten Semester
schonrelegiertwurde,»für immerverwiesen«,wiederakademische
Senatdamalsetwaspathetischerklärte;wennderakademischeSenat
jetztetwasHumorhätte,wärederewigeVerweis längstaufgehoben.
10 UnddreißigJahrewerden’sheuer,daßich,nachdemichinzwischen
in Berlin, Paris, Madrid, Tanger, wieder Paris, wieder Berlin und
schließlich noch in Petersburg herumvagabundiert, zurück nach
Wien kam, von einem jungen Brünner, E. M. Kafka, dem Heraus-
geber der »Modernen Dichtung«, dringend eingeladen, das »junge
15 Wien« zu »gründen«, das Material sei schon vorhanden: ein junger
Arzt[,]Dr.ArturSchnitzler,derdurchdiePracht seinerKrawatten
schonstadtberühmteDr.RichardBeer-HofmannundeinGymnasi-
ast,derunterdemNamenLorisschrieb:Hugov.Hofmannsthal.Ich
sahsiemiran,wagtedie»Gründung«undnahmseitdemauchsonst
20 dreißigJahrelangjedeGelegenheitwahr,denWienernAergerniszu
geben. Auch ist es heuer dreißig Jahre her, daß zum erstenmal ein
Stückvonmir inBerlingespieltwurde:»DieneuenMenschen«mit
Emanuel Reicher und der Conrad-Ramlo. Vorher war ich nur auf
der Bühne meiner Vaterstadt losgelassen worden: Linz hatte 1883
25 mein Lustspiel »Die Wunderkur« aufgeführt. Und dreißig Jahre
sind’s, daß ich in Petersburg die Duse zum erstenmal sah. Kainz
saß neben mir, der auch damals in Petersburg gastierte, grad den
einen Abend frei war und mir vorschlug, uns die Vorstellung der
italienischenTruppeanzusehen,»weildochItaliener,auchwennsie
30 schlecht sind, immer noch besser sind«. Denn von der Duse wuß-
ten wir beide nichts. Wir waren gar nicht gefaßt auf sie. Sie trat
auf und hatte noch keine drei Sätze gesprochen, da wurde Kainz
ganz blaß und sein Auge so groß, daß der heiße Blick das ganze
Gesicht zu verzehren schien. Im ersten Taumel schrieb ich dann in
35 der »Frankfurter Zeitung« über sie. Ein Theateragent fragte darauf
beimirhöflichvorsichtigan,obdiesnursoeine»Plauderei«vonmir
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
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- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916