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1932
1357.Bahr:ZurJudenfrage, [März] 1932
Zur Judenfrage
Das Urteil über die »Juden«, um das Sie mich befragen, wird
kein unbefangenes sein, denn meine besten, meine liebsten Jugend-
freunde sind Juden: Schnitzler, Beer-Hofmann, Salten, Hugo von
5 Hofmannsthal sind Juden. »Minderwertig« kann man eine Rasse
doch kaum nennen, die solche Früchte zeitigt. Auch ich war in
meiner Jugend gelegentlich Antisemit. Theodor Herzl war mir ein
lieber Freund, wir wohnten eine Zeit lang einander nahe und gin-
gen an schönen Tagen gern stundenlang immer um die Votivkirche
10 herum und stimmten darin überein, daß der Jude dem Arier uner-
träglich werden muß, wenn Juden sich anmaßen, Deutsche zu sein
oder gar Führer der Deutschen. Herzl gehörte in seiner Jugend der-
selbenBurschenschaft anwie ich: ihri FührerwarJude,dochdieser
Jude setzte den Antrag durch, fortan Juden oder auch nur, wie man
15 dasdamalshieß:Judenstämmlingen,denEinlaßinunsereBurschen-
schaft zu verwehren. Nachdem er das durchgesetzt hatte, war er
konsequent genug underschoßsich.
Von Ihren Fragen antworte ich auf die erste (»Sind die Juden eine
minderwertige Rasse?«) also: Minderwertig keineswegs; die zweite
20 (»Sind die Juden Schädlinge der Wirtschaft?«) entzieht sich meiner
Erfahrung, ich verstehe von Wirtschaftsproblemen nichts. Daß die
JudendiedeutscheKulturzerstörensollen, scheintmireineBeleidi-
gung dieser Kultur, sie wird sich in allen Gefahren behaupten. Daß
Gestalten wie Heinrich Heine verächtlich sind, wird niemand leug-
25 nen, so wenig, wiedieReiheopferfreudigerhochgesinnter Juden.
1358.OlgaSchnitzleranBahr-Mildenburg,8.6.1932
Berlin,8. Juni32.
Kurfürstendamm66
PensionElton.
Verehrteund liebegnädigeFrau,
5 darf ichSieandasgütigeVersprechenerinnern,dasSiemirvoretwa
3Monatenhiergegebenhaben,–mirdieBriefeArthursanBahrzur
Abschriftzuüberlassen?
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
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- Quellennachweis und Erläuterungen 632
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- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
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