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1962
1366.OlgaSchnitzler:Spiegelbild
derFreundschaft,4.Kapitel, 1962
»AufEntwicklungkommtesan.«
RahelVarnhagen
IV
HermannBahr
5 Im Frühling 1891 lernt Schnitzler einen eben + erst in Wien aufge-
tauchten ungefähr gleichaltrigen jungen Schriftsteller kennen: Her-
mann Bahr. Man hört von ihm, daß er vor nunmehr acht Jahren
nacheinerallzudeutsch-nationalgefärbtenRede,gehaltenvoretwa
dreitausend ihm zujubelnden Studenten, von der Wiener Univer-
10 sität relegiert worden ist, worauf er sich in Berlin, Paris, Spanien,
Gott weiß wo noch, herumgetrieben hatte. Auf Schnitzler wirkt
er zunächst als »ein liebenswürdig freier Mensch, im Gesicht Roh-
heit, Güte, Geist, Schwindelhaftigkeit«. Bahr spricht entzückt über
Schnitzlers Drama »Das Märchen«, das Emanuel Reicher, Brahms
15 stärkster Schauspieler, ihm in einem Linzer Hotelzimmer vorde-
klamiert hat; und sofort plant er eine Aufführung. Noch vor der
BekanntschaftmitdiesemWerkundseinemAutorhatteBahrinder
Zeitschrift »Die Moderne Kunst« geschrieben: »Arthur Schnitzler,
ein geistreicher, zierlicher, sehr amüsanter Causeur, ein bischen
20 leichtsinnig in der Form, und nicht allzu gewissenhaft – vielerlei
versuchend. Ich habe das Gefühl, daß er tiefer ist als er sich gerne
gibt und hinter seiner flotten Grazie schwere Leidenschaft verbirgt,
die nur noch schüchtern und schamhaft ist, weil sie erst zu festen
Gestaltenreifenwill.«
25 Seiner Ansicht nach hätten die jungen Österreicher mehr Talent als
die Deutschen – ihm sei zum Beispiel Schnitzler lieber als Haupt-
mann–aberdieBerliner setztensichgegenseitig inSzene,während
die Wiener aufeinander schimpften. Am Nichterkanntwerden gin-
gen die Österreicher zugrunde. Nicht allein das; sie bewunderten
30 nur, was aus der Fremde kommt, vor ihrer eigenen Art hätten sie
keinenRespekt.
Gewiß, Bahr wirkt sofort ermutigend; aber warum muß er, der
seine Erlebnisse und Ideen oft so lebendig zu formulieren ver-
steht,nebeneinerMengevonunmittelbargesehenenDingensoviel
35 Schiefes sagen?i Seine paradoxen Bemerkungen bringt er plötzlich
vor, wie um seine Zuhörer absichtlich zu reizen, wobei seine fun-
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Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Title
- Arthur Schnitzler & Hermann Bahr
- Subtitle
- Briefwechsel, Aufzeichnungen, Dokumente 1891–1931
- Editor
- Kurt Ifkovits
- Martin Anton Müller
- Publisher
- Wallstein Verlag
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8353-3228-7
- Size
- 14.6 x 23.4 cm
- Pages
- 1010
- Categories
- Weiteres Belletristik
Table of contents
- 1891 7
- 1892 18
- 1893 31
- 1894 64
- 1895 91
- 1896 115
- 1897 135
- 1898 160
- 1899 167
- 1900 173
- 1901 192
- 1902 222
- 1903 246
- 1904 288
- 1905 338
- 1906 371
- 1907 386
- 1908 401
- 1909 413
- 1910 433
- 1911 447
- 1912 463
- 1913 480
- 1914 492
- 1915 497
- 1916 502
- 1917 507
- 1918 510
- 1919 526
- 1920 536
- 1921 539
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- 1923 570
- 1924 583
- 1925 584
- 1926 585
- 1927 586
- 1928 588
- 1929 590
- 1930 593
- 1931 598
- 1932 604
- 1934 606
- 1936 607
- 1962 610
- Quellennachweis und Erläuterungen 632
- Buchausgaben im gegenseitigen Besitz 787
- Theaterbesuche 792
- Auszüge aus Schnitzlers Tagebuch 793
- Editorische Richtlinien 796
- Die Korrespondenz Bahr –Schnitzler 813
- Nachwort 820
- Dank 864
- Verzeichnis der Dokumente 866
- Korrespondenzpartner 902
- Register 916