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1859
Lösch, 24. Jänner 1859
Am 19. in Brünn der Sitzung des Zent[rala]ussch[usses]314 beigewohnt. Al-
bert Widmann war in seiner bornierten Stutzigkeit und üblen Laune da wie-
der höchst possierlich. Ich hielt ihn, vielleicht wegen seiner Verwandtschaft
mit der jüdischen Bankiersfamilie Puthon,315 für einen Mann, der einige
Kenntnis vom Geld- und Bankwesen hätte. Ein vom Znaimer Filialverein,
dessen Vorstand er ist, ausgehendes Projekt zur Errichtung einer Kreditan-
stalt für Grundbesitz, Handel und Gewerbe, welche Realitäten, Rohpro-
dukte, Waren etc. beleihen und Wechsel eskomptieren soll,316 enthält solchen
Unsinn, dass ich von dieser Ansicht ganz zurückgekommen bin, und nun
weiß, dass sein Wissen und Können nicht über den Düngerhaufen reicht. –
Lösch, 7. Februar 1859
Der gute Albert Nostitz ist doch nichts als ein gutmütiger Schwachkopf!
Lösch, 1. September 1859
Am 28. besuchte mich Franz Salm aus Prag. Schade um seine Anlagen, die,
wie allgemein in Böhmen, sich ausschließend mit absprechender Kritik über
alles und jedes befassen, nichts Positives erstreben und erreichen. Auch die
besten sind nur negierende Geister! –
Lösch, 17. Oktober 1859
Nun bin ich unter den Vertrauensmännern zum Entwurf der Gemeindeord-
nung für Mähren!317
Ich denke, es wird nicht viel dabei herauskommen, und ohne Land- und
Reichstag kommen wir, wenn überhaupt, nicht auf bessre Wege.
314 Zentralausschusssitzung der Mährisch-schlesische Ackerbaugesellschaft.
315 Erste Ehefrau von Adalbert Freiherr von Widmanns war Julia, geb. Freiin von Puthon (vgl.
Fn. 99).
316 Der angeführte Plan könnte im Nachlass der Mährisch-schlesische Ackerbaugesellschaft
im Staatsarchiv in Brünn erhalten sein.
317 Nach den Grundsätzen des Gemeindegesetzes vom 24. April 1859 (RGBl. 58/1859) waren
in den dafür vorgesehenen Ländern Stadt- und Landgemeindeordnungen zu erlassen;
diese waren auf Basis des Rahmengesetzes und unter „Berücksichtigung der besonderen
Landesverhältnisse“ von einzurichtenden Kommissionen („unter Beiziehung fachkundi-
ger Männer“) sowie unter Vorsitz des jeweiligen Landeschefs zu entwerfen (Art. I). Das
Gemeindegesetz trat, mit Ausnahme der Bestimmungen über das Heimatrecht, nicht in
Kraft.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115