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setzt. Gegen unglaublich dumme und gemeine Intrigen. Die Esel begreifen
nicht, dass nur solche Konzessionen den Widerstand gegen unbillige Forde-
rungen stärken können! Sogar den Fürstbischof von Breslau377 setzten sie
mir auf den Hals.
Der Ausspruch des Kaisers gegenüber der Deputation des deutschen Ju-
ristentags,378 er sei „entschieden deutsch“, hat tief verstimmt.
Am 28. [Oktober] zur Beseda und Fahnenübergabe nach Brünn. Sitzun-
gen im Museum und Servitutenablösung am 5. und 6. November. Gabór
Serényi gesprochen, der wie Louis379 sich nähert. Für den Landtag gemeinsa-
mes Besprechungslokal gemietet.
Am 16. nach Kunstadt über Boskowitz. Mensdorff380 fauler als je. Kuno
Honrichs scheint mir sehr hausbacken und ohne allen Schwung.
Am 20. nachhause, fürs „Vaterland“ in zahllosen Briefen Gründer zu wer-
ben und für die Landtagswahlen [für] Stahl381 und Loudon Stimmen zu ge-
winnen gesucht. Ich erwarte nicht viel von den beiden. Es ist eben ein Kom-
promiss mit allen seinen Fehlern und Schwächen, doch nur so kann, wenn
überhaupt, die Wahl des liberalen Juden Neuwall382 oder des Steuer-Defrau-
danten Baratta oder des radikalen H[errn] v[on] Laminet verhindert wer-
den.383
Fritz Schwarzenberg384 [in Wien] gesprochen, der unter anderem wegen
der schwachen Beteiligung und Unterstützung des „Vaterlands“ mir sagte:
„In allen Häusern findet man das Fremdenblatt,385 fast nirgends das Vater-
land. Doch was wollen Sie von einem solchen Gesindel von Adel?“
377 Heinrich Förster (1799–1881), Bischof von Breslau ab 1853, der beim Ersten Vatikanum ge-
gen das Unfehlbarkeitsdogma stimmte, im Zuge der deutschen Kulturkampfgesetzgebung
die Diözese ab 1875 dann vom österreichischen Teil aus (Sommerresidenz Johannesburg in
Jauernig) leitete, um einer Verhaftung zu entgehen.
378 Es handelte sich um den 3. Deutschen Juristentag, der am 24. August 1862 in Wien eröff-
net wurde: Wiener Zeitung, 25.8.1862, 779f; 26.8.1862, 388–390; Das Vaterland, 26.8.1862.
379 Alois Serényi.
380 Alfons Mensdorff-Pouilly.
381 Josef Alban Freiherr (seit 1860) von Stahl (1803–1864), MmLT (1863/64), Sohn eines Vize-
präsidenten des mährisch-schlesischen Guberniums im Vormärz, dem die Herrschaft Di-
wnitz gehörte; er neigte zu den Verfassungstreuen. Vgl. Eintragung 28.6.1864.
382 Albert Ritter von Neuwall (1807–1870), MöRT 1848/49, 1852 Ministerialrat, 1867 Sektion-
schef im Finanzministerium, Verwaltungsrat der Südbahngesellschaft, Besitzer des Gutes
Klobouk.
383 Belcredi schrieb (21.11.1862) über die Ersatzwahl an Joseph Fürstenberg, „ein entschiede-
ner Rechter“ sei „für jetzt nicht durchzubringen.“
384 Friedrich Fürst zu Schwarzenberg (1799–1870), genannt der Landsknecht, konservativer
Abenteurer und Schriftsteller, verzichtete zugunsten seines Bruders Karl auf das Majorat
Worlik.
385 Offiziöse Zeitung, mit Naheverhältnis zum Außenministerium.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115