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LÖSCH, 31. DEZEMBER 1867 337
Lösch, 31. Dezember 1867
In den vergangenen Tagen einen Abriss der Geschichte der Rechts- und Ver-
mögensverhältnisse des Franzensmuseums in Brünn zu dem Zwecke bear-
beitet, um die Bedingungen zu ermitteln, unter welchen dasselbe unter die
Oberaufsicht des Landes gestellt und von ihm ausreichend dotiert und erhal-
ten werden könne.
Schon in der Denkschrift des Gründers desselben, des Altgrafen zu Salm,
vom Jahre 1816 sprach dieser die Hoffnung aus, „seine Herren Mitstände“
würden sich desselben annehmen. Und vor 30 Jahren sprachen diese den
Willen hiezu aus.
Am Widerstand des damaligen Gesellschaftskanzlers Braumüller776 schei-
terten die angeknüpften, vom Prälaten Napp namens der Stände eifrig ge-
führten Verhandlungen.
Am 27. infolge ergangener Einladung der Wiener St. Michaelsbruder-
schaft nach Wien abgereist.
Am 28. der Beratung über die Mittel, wie das päpstliche Heer nach dem
rühmlichen Vorgang Frankreichs, Belgiens, Hollands und Englands auch
endlich aus Österreich verstärkt werden könnte, beigewohnt.
In Wien die Bekanntschaft des ebenso gelehrten als liebenswürdigen Ka-
nonikus Stulz777 aus Prag gemacht.
Abends im Segen Gott an der Jahreswende für seine reichen Gnaden
und die Erhaltung vieler Lieben und des Friedens gedankt. Er möge den
mächtigen Schutz nicht versagen, denn unheildrohend steht die Zukunft vor
uns. Das alte Österreich geschwächt und in zwei unmögliche Hälften zerris-
sen, die Regierung in Händen, die der kath[olischen] Kirche feindlich, eine
Kriegserklärung den zahlreichen kath[olischen] Untertanen, allen Slawen,
Romanen und allen konservativen Elementen bedeutet.
Von außen Feinde ringsum.
Und so treten wir in ein neues kampfdrohendes Jahr ohne Vertrauen in
alles und alle – außer auf Gott!
Ohne seinen Schutz und seine Hilfe ist alles verloren, was mir an Öster-
reich lieb, wert und teuer war, wofür ich gekämpft und gelitten mein Leben
lang.
Wir haben im vergangenen Jahre einen langen Weg zum Verderben mit
rasender Eile zurückgelegt. Nur Gott allein kann die Verblendung heilen,
776 Franz Xaver Braumüller.
777 Wenzel Stulz/Václav Štulc (1814–1887), seit 1860 Mitglied des Wyschehrader Kollegiatka-
pitels, vom Papst 1881 zum Hausprälaten ernannt, mit großem Interesse für Polen, Geg-
ner des Hussitenkults. Herausgeber der Blahověst [Frohe Botschaft] (1847–1853 sowie ab
1855), Mitbegründer von Pozor [Achtung].
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Title
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Authors
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Editor
- Jiří Malíř
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 1144
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115