Page - 169 - in Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild - Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
Image of the Page - 169 -
Text of the Page - 169 -
169
Erzherzog Ernst erließ strenge Edicte gegen den protestantischen Gottesdienst und
gegen das Drucken, Lesen und Verkaufen protestantischer Bücher. Alle Prediger wurden aus
den landesfürstlichen Städten und Märkten ausgewiesen, katholische Pfarrer wieder in ihre
Stationen eingesetzt und den oberen Ständen wurde verboten, ohne kaiserliche Zustimmung,
besonders in Religionssachen, in und außer den Landtagen Zusammenkünfte zu halten.
Gegen diese strengen Maßnahmen erhoben die Stände energischen Protest und
kamen auf dem Puchheim'fcheu Schlosse zu Horn wiederholt zusammen, wo es oft leiden-
schaftlich herging und sogar die Steuerverweigerung ausgesprochen wurde.
Um diese Zeit war in Niederösterreich auch eine gewaltige Bewegung der Bauern
ausgebrochen, die aus den nur schwer zu ertragenden Feudallasten und den freiheit-
lichen Sätzen der neuen Lehre entsprungen war. Sie hatte 1594 ihren Anfang bei
Persenbeng, Peggstall und Spitz genommen und erstreckte sich über das Waldviertel und
südwärts der Donau bis tief ins Gebirge hinein. Dort waren Johann Anberger, Richter
zu Gschwend, uud der Müller Sebastian Schertl, hier der Schullehrer zu Neuhofen
Georg Steinhauer, der Schneider Taubermann und andere die Anführer. Die Bauern
überfielen die Klöster Seitenstetten, Melk, Gaming, Lilienfeld und Altenburg, plünderten
die Pfarrhöfe, verschleppten oder vernichteten die Norräthe und zwangen sogar Städte
und Märkte, sich ihnen anzuschließen. Bei der Belagerung von St. Pölten erlitten sie
aber von den kaiserlichen Entsatztruppen auf dem nahen Steinfelde eine schwere Nieder-
lage (1595); sie wurden zerstreut, viele getödtet. Die Rädelsführer, deren man habhaft
wurde, wurden zu Wien, St. Pölten, Ulmerfeld, Perwarth und Zwettl hingerichtet. Noch
1597 zeigten sich die letzten Haufen bn Peggstall.
Des Erzherzogs Ernst Nachfolger in der Statthalterschaft Niederösterreichs war
sein Bruder Matthias. Auf Betreiben seines intimen Rathgebers Khlesel wurde 1603 die
Religionsfreiheit der Protestanten, die sich nun mit dem siebenbürgischen Fürsten Stefan
Boeskay verbanden, aufgehoben. Dessen Scharen drangen auch nach Niederösterreich vor
und verwüsteten das Marchfeld bis vor Wien und die Gegenden an der Leitha und Fischa
bis in den Wienerwald hinein.
Während des aus Ehrgeiz und Herrschsucht entsprungenen Zwistes mit seinem zu
Prag residirenden Bruder Rudolf II. bediente sich Matthias auch der Protestanten, erfüllte
ihnen aber, nachdem er seine Wünsche erreicht hatte, die gegebenen Versprechungen nicht,
so daß die niederösterreichischen Stände ihm die Huldigung versagten, mit denen Ober-
österreichs am 3. October 1608 das Bündniß zu Horn abschlössen und zu rüsten begannen.
Matthias bewilligte in der Capitnlationsresolntion vom 19. März 1609 den drei weltlichen
Ständen Ober- und Niederösterreichs wohl die freie Religionsübung, dem gegenüber
aber die katholischen Stände am 1. Februar 1610 ebenfalls eine Eonföderation auf drei
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Volume 4
- Title
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Subtitle
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Volume
- 4
- Editor
- Erzherzog Rudolf
- Publisher
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Location
- Wien
- Date
- 1888
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 17.75 x 26.17 cm
- Pages
- 380
- Keywords
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Categories
- Kronprinzenwerk deutsch
Table of contents
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317